Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Urzelle stirbt
Zweitausendeins Frankfurter Laden schließt
Frankfurt am Main Ein Kondolenzbuch liegt auf dem Verkaufstresen im von Frankfurt. In den Kommentaren ist außer Zorn über die „schlimmen Zeiten“vor allem Wehmut zu spüren. Spätestens Ende März schließt das Geschäft. Mit dem Laden, der zuletzt nur noch ums Überleben kämpfte, wird im Einzelhandel ein Stück deutsche Kulturgeschichte zu Grabe getragen – auch wenn
– inzwischen mit Sitz in Leipzig – als Online-kaufhaus bundesweit weiter existiert.
Wie kaum eine andere Institution hat der Verlag, 1969 in einer Frankfurter Studentenwohnung aus der Taufe gehoben, den Zeitgeist der 68er-generation kultiviert. Bei der Gründung ging es noch um die Verbreitung rebellischer Literatur und Musik von Bob Dylan, den Rolling Stones und Leonhard Cohen. Später fand auch viel Jazz und Klassik – zu zivilen Preisen – Eingang ins Sortiment. Und mit Büchern provozierten Frankfurter Karikaturisten wie Robert Gernhardt, Chlodwig Poth, Hans Traxler, F.K. Waechter.
Zum Riesenerfolg wurde 1980 der im Verlag erschienene Umweltbericht „Global 2000“, der vom damaligen Us-präsidenten Carter in Auftrag gegeben worden war. Darauf ist Robert Egelhofer, scheidender Geschäftsführer des Frankfurter Ladens, immer noch stolz. Der 58-Jährige stieß schon 1977 als junger Ferienjobber zum Verlag der in den 90er Jahren sogar einen Umsatz in dreistelliger Millionenhöhe erzielte. Dann ging es bergab – vor allem wegen der digitalen Revolution im Musikgeschäft. Die Frankfurter Gesellschafter verkauften 2006 Versand und Verlag an die Brüder Kölmel („Kinowelt“) in Leipzig. Seit 2012 trennt sich vom teuren Filialnetz und setzt auf das Franchise-verfahren. In der Folge sank der Umsatz in Frankfurt immer weiter.