Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Recht braucht Geschwindigkeit D
ass die Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 erst jetzt vor Gericht aufgeklärt wird, ist unbefriedigend. Gerade wenn es um Wirtschaftsdelikte geht, mahlen die Mühlen der Justiz zu langsam. Das liegt daran, dass es Staatsanwaltschaften hier mit schwer verständlichen Sachverhalten zu tun haben, wie sich am Fall der Hypo Real Estate zeigt. Allein um das einstige Geschäftsmodell der Bank zu verstehen, sind finanzwirtschaftliche Spezialkenntnisse unerlässlich.
Selbst wenn in Staatsanwaltschaften wissensmäßig gegenüber Wirtschafts-straftätern aufgerüstet wurde, haben die Ermittler oft ein Riesenproblem: Sie sind personell nicht ausreichend ausgestattet, um sich der Heerscharen von Spezialanwälten angeklagter Manager zu erwehren. Hinzu kommt, dass ein in Wirtschaftsverfahren häufig auftauchender Tatbestand wie die Untreue schwer zu beweisen ist. So ziehen sich Verfahren in die Länge.
Rechtsprechung braucht auch Geschwindigkeit. Nur so entfalten Prozesse eine abschreckende Wirkung. Sonst entsteht der Eindruck, Manager mit viel Geld und teuren Anwälten könnten sich allzu leicht ihrer Verantwortung entziehen. ke ärgert und ihn die Buchstaben beim Lesen noch deutlicher betonen lässt: Er hatte sich während der Finanzkrise hilfesuchend an Ackermann gewandt und ihn gebeten, eine 15-Milliarden-kreditlinie für sein Haus auszuloten. Die Insiderinformationen seien von dem Banker aber in Gesprächen mit Regierungsvertretern zum Schaden der HRE ausgenutzt worden. Dann habe Ackermann ohne Abstimmung mit ihm plötzlich von einem viel höheren Finanzbedarf gesprochen, obwohl die Bank bis zuletzt liquide gewesen sei. Ist Ackermann und nicht Funke der eigentliche Bankster, also ein Banker-gangster-zwitter? Der EX-HRE-CHEF vergleicht sich mit einem anderen Deutsche-bank-opfer, dem Medienunternehmer Leo Kirch. Dessen Kreditwürdigkeit wurde einst von dem Frankfurter Finanzhaus angezweifelt.
Aber weshalb sollte Ackermann interessiert gewesen sein, dass die HRE verstaatlicht wird? Funkes Anwalt Wolfgang Kreuzer versucht das zu erklären: „Es sollte exemplarisch eine Bank gerettet werden, um das Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland zu stärken.“Bekanntlich drohte 2008 nach der Pleite der Us-investmentbank Lehman eine Kernschmelze der weltweiten Finanzwirtschaft. Kanzlerin Angela Merkel sah sich sogar gezwungen, den Sparern zu versichern, ihre Bankeinlagen seien sicher.
Funke ist mit seiner Anklagerede sehr zufrieden. Im Überschwang gibt er sogar ein Fernsehinterview. Dabei wirkt der Banker kein wenig heiser, obwohl er sich während des dreieinviertelstündigen Lese-marathons keinen Schluck Wasser gegönnt hat. Das Glas steht noch halb voll auf dem Tisch. Oder halb leer?