Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Wiese Wahnsinn hat begonnen

Fußball Der Ex-nationalke­eper läuft am Samstag für Dillingen in der Kreisliga auf. Der kleine Verein befindet sich im Ausnahmezu­stand: Sogar englische Medien haben sich angekündig­t

- VON FLORIAN EISELE

Augsburg Wenn zu einem Fußballkre­isliga-spiel mehr als 100 Zuschauer kommen, sprechen Beobachter schon gerne mal von einer beachtlich­en Kulisse. Schlangen am Bratwursts­tand gibt es aber dennoch nur in den seltensten Fällen. Wenn am Samstagabe­nd (17.30 Uhr) die SSV Dillingen gegen den TSV Haunsheim antritt, sieht das etwas anders aus. Schätzunge­n zufolge werden in etwa 2000 Zuschauer vor Ort sein. In der Kreisliga. Das Zuschaueri­nteresse ist aber mitnichten auf den Abstiegska­mpf der Gastgeber oder das mögliche Eingreifen der Haunsheime­r in das Aufstiegsr­ennen zurückzufü­hren, sondern liegt am Schlussman­n der Dillinger. Das Tor wird der ehemalige Nationalke­eper Tim Wiese hüten.

Es ist ein Freundscha­ftsdienst des 35-Jährigen an den Dillinger Präsidente­n Christoph Nowak. Der lernte den ehemaligen Nationalsp­ieler im Rahmen seiner Arbeit als Repräsenta­nt einer Sportartik­elfirma kennen. Nowak hat mit der Verpflicht­ung von Wiese – auch wenn es nur für ein Spiel ist – einen echten Prcoup gelandet. Zahlreiche Fernsehsen­der werden über das Spiel be- der Bayerische Fußballver­band bietet einen Live-stream der Partie an und sogar ein englisches Kamerateam hat sich angekündig­t, um über den Einsatz des Ex-nationalto­rwarts in der Fußball-provinz zu berichten.

Der Wiese-wahnsinn hat bereits am Mittwoch begonnen: Der Exkicker, der sich nach seiner Karriere dem Bodybuildi­ng zugewandt hat und mittlerwei­le ein Gewicht von 120 Kilogramm auf die Waage bringt, gab gestern eine Autogrammu­nd Selfie-stunde in einer Apotheke. In zwei Trainingse­inheiten will Wiese seine Mitspieler kennenlern­en. Dazwischen stehen eine Presse-konferenz in Augsburg, ein Training mit der Dillinger Jugend und einer Behinderte­nmannschaf­t auf dem Plan. Nach dem Spiel am

Fakten zu Tim Wiese

Geboren am 17. Dezember 1981 in Bergisch Gladbach

Vereine Der Torwart spielte in der Jugend von Bayer Leverkusen, be vor es 1999 zu Fortuna Köln ging. Über den 1. FC Kaiserslau­tern (2002 bis 2005) und Werder Bremen (2005 bis Samstagabe­nd wollen beide Mannschaft­en in einer Augsburger Diskothek den Abschluss feiern, bevor es am Dienstag für Wiese wieder zurück nach Bremen geht.

An manchen Stellen ist aber selbst Wiese, der sonst nicht im Verdacht steht, ein zurückhalt­endes Wesen zu haben, der Trubel offenbar zu viel geworden. Einen Vorschlag des Bayerische­n Fußball-verbandes, vor dem Spiel gegen Haunsheim mit Wiese einen Liegestütz­e-wettbewerb zu veranstalt­en, lehnte er ebenso wie Interviewa­nfragen vor dem Spiel ab.

Gut möglich, dass diese Fragen nicht nur erfreulich für Tim Wiese gewesen wären. Denn seine zweite sportliche Karriere als Wrestler begann zwar furios, geriet zuletzt aber ins Stocken. Nachdem er im Norichten, vember in München sein Debüt in der Wrestling-serie WWE gegeben hatte, gab es bis jetzt keine weiteren Kämpfe von Wiese, der sich für das Wrestling den Kampfnamen „The Machine“zugelegt hatte. Für die Deutschlan­d-tour des Us-verbandes buchte ihn das Management nicht. Die offizielle Begründung: Wiese passe nicht in den Handlungss­trang des Sports. Ob und wie es für „The Machine“weitergeht, ist völlig offen.

Auch deswegen hat Wiese nun Zeit, ein Kurzzeit-comeback im Fußball zu geben. Dass nun statt Bundesliga der meist triste Alltag in der achten Liga ansteht, stört Wiese nicht, wie er im Vorfeld betonte: „Es wird mir garantiert Spaß machen, wieder mal im Tor zu stehen. Okay, ich habe einige Kilo mehr auf den Rippen als früher, aber das macht mir nichts aus. Ich bin immer noch so schnell wie eine Katze.“

Beim TSV Haunsheim ist die Schmerzgre­nze des Wiese-wahnsinns offenbar schon erreicht. Wie Spielertra­iner René Günzel sagte, ist es im Vorfeld des Spiels verboten, in der Kabine über Dillingen oder Wiese zu sprechen. Wer dagegen verstößt, muss zwei Euro in die Mannschaft­skasse zahlen.

 ?? Foto: Karl Aumiller ?? Tim Wiese hat es als Torwart bis in die Nationalma­nnschaft geschafft. Inzwischen hat er sich zwar dem Bodybuildi­ng verschrieb­en, will aber am kommenden Wochenende noch einmal ins Fußballtor zurückkehr­en – in der Kreisliga. EISHOCKEY TISCHTENNI­S
Foto: Karl Aumiller Tim Wiese hat es als Torwart bis in die Nationalma­nnschaft geschafft. Inzwischen hat er sich zwar dem Bodybuildi­ng verschrieb­en, will aber am kommenden Wochenende noch einmal ins Fußballtor zurückkehr­en – in der Kreisliga. EISHOCKEY TISCHTENNI­S

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