Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Nach dem Giftgasangriff neue Suche nach Frieden
Syrien Gabriel will heute seine Außenminister-kollegen zu einer diplomatischen Lösung drängen Kommentar
Lucca Nach der neuen Eskalation im Syrien-konflikt will der Westen den russischen Präsidenten Wladimir Putin von seiner Unterstützung für den syrischen Machthaber Baschar al-assad abbringen. Putin müsse „der Wahrheit über den Tyrannen, den er unterstützt, ins Gesicht sehen“, sagte der britische Außenminister Boris Johnson vor dem heutigen Treffen mit seinen G 7-Kollegen im italienischen Lucca. Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte, Russland von seiner „unverbrüchlichen Treue gegenüber Assad“abzubringen.
Putin müsse „verstehen, dass Assad jetzt in jeder Hinsicht giftig ist“, sagte Johnson mit Blick auf den mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien, bei dem am vergangenen Dienstag mindestens 87 Menschen starben. Der Westen macht Assad für den Angriff auf die von Rebellen kontrollierte Kleinstadt Chan Scheichun im Nordwesten Syriens verantwortlich. Als Vergeltung ließ Us-präsident Donald Trump am Freitag einen Luftwaffenstützpunkt der syrischen Regierungstruppen bombardieren.
Der Kreml verurteilte die Us-attacke als „Angriff auf einen souveränen Staat“und als Verstoß gegen das Völkerrecht. Syrien bestreitet jegliche Verantwortung für den Einsatz von Chemiewaffen.
Italiens Außenminister Angelino Alfano setzte neben den Beratungen im G 7-Format, die heute nachmittag in dem in der Toskana gelegenen Lucca beginnen sollen, eine Sondersitzung zu Syrien an, an der auch die Außenminister der Türkei, der Vereinigten Arabischen Emirate, Saudiarabiens,
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Das wird spannend heute in Lucca: Die Außenminister der wichtigsten Staaten des Westens suchen beim G 7-Treffen eine gemeinsame Linie im Syrien-konflikt. Sie wird nicht leicht zu finden sein.
Über Trumps Militärschlag, mit dem der Us-präsident den Giftgasangriff in Syrien beantwortete, besteht keineswegs Einigkeit. Die Zustimmung, die aus Berlin und anderen Hauptstädten Europas signalisiert wurde, war alles andere als überzeugend. Die Bombardierung sei „nachvollziehbar“, sagte Bun- Jordaniens und Katars teilnehmen sollen. Es gehe darum, eine weitere militärische Eskalation abzuwehren, hieß es in Rom.
Auch Gabriel sprach sich strikt gegen eine „weitere militärische Eskalation“im Syrien-konflikt aus. Gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Großbritannien, Frankreich und Italien wolle er Us-außenminister Rex Tillerson beim G 7-Treffen in Lucca davon überzeugen, den Fokus auf eine diplomatische Lösung zu legen. Er wandte sich am Sonntagabend im an seine Ministerkollegen und sagte: „Leute, eine weitere militärische Eskalation bringt nichts, sondern wir müssen jetzt die Russen und viele andere an den Verhandlungstisch bekommen. Und dazu brauchen wir eure kräftige Unterstützung.“
Moskau wolle nun eine Untersuchung des Angriffs in Chan Scheichun ermöglichen, berichtete Gabriel weiter. Sein russischer Kollege Sergej Lawrow habe ihm in einem Telefonat versichert, dass seine Regierung den Weg frei machen wolle, um vor Ort zu untersuchen, „was denn nun tatsächlich dort geschehen ist“, sagte Gabriel. Er hoffe, dies sei „ein ernst gemeintes Angebot“.
Tillerson warf Russland vor, den mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien nicht verhindert zu haben. Er sagte im Us-fernsehsender Moskau habe sich als „inkompetent“erwiesen oder sich von Damaskus „einfach überlisten lassen“. Nach dem G7-treffen reist Tillerson zu zweitägigen Gesprächen nach Moskau weiter.
Die Bundesregierung forderte als Voraussetzung für eine Friedenslösung in Syrien erneut den Abgang von Assad. „Mittelfristig kann Assad nicht an der Spitze des Staates bleiben“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Eine „friedliche und Stabilität bringende Lösung in Syrien“sei mit ihm „nicht vorstellbar“. Er fügte aber hinzu: „Es wäre unrealistisch zu erwarten oder zu erhoffen, dass seine Präsidentschaft morgen endet.“