Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Alltag im Paradies
Tipp des Tages Die Toskana ist Idylle, für eine Familie aber harte Arbeit. Ein Drama auf Arte
Arte, 20.15 Uhr Die Toskana ist ein Ort der Verheißungen: Im Drama „Land der Wunder“zeichnet Regisseurin Alice Rohrwacher ein Porträt einer Familie, die sich mit den kargen Erträgen der Landwirtschaft über Wasser zu halten versucht. Was Touristen als Idylle bestaunen, ist für sie harter Alltag: Schafzucht, Gemüseanbau und Honigernte.
Während der Vater den Idealen vom einfachen Leben als Aussteiger nachhängt und die Mutter mit der Erziehung der Kleinen überfordert ist, hält die zwölfjährige Tochter Gelsomina (Alexandra Maria Lungu) alles am Laufen und schuftet wie eine Erwachsene. Ein Wettbewerb der Tv-sendung „Land der Wunder“erscheint ihr als einmalige Chance, sich und ihre Familie aus dieser Schinderei zu befreien. Doch der Vater ist strikt dagegen. Die Mutter verzweifelt an den Träumereien ihres aus Deutschland stammenden Mannes Wolfgang. Nur Coco, eine Freundin der Familie, die auch auf dem Hof lebt, versucht, Gelsomina etwas Verantwortung abzunehmen. Als wahre Rettung erscheint dem Mädchen, das kaum mehr Kind sein darf, die wunderschöne Fernsehmoderatorin Milly Catena (Monica Bellucci), die die traditionsreichste Familie der Gegend sucht.
Die Regisseurin nimmt sich viel Zeit für die Geschichte, die mitunter langatmig wird. Sie setzt auf Farben und großartige Bilder. Autoscheinwerfer irren als gelbe Punkte über die dunkle Leinwand. Blumenwiesen wiegen sich im Wind. Und die Abendsonne taucht alles in Goldorange. Am besten ist der Film, wenn es um die Beziehungen der Familie geht, die die Regisseurin mit feinem Gespür für subtile und widerstreitende Gefühle auslotet.