Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Fehler mit tödlichen Folgen Um die heilige Afra ranken sich viele Mythen

Jugendgeri­cht verurteilt 18-Jährige Geschichte Immer noch wirft der Ort, an dem ihr Scheiterha­ufen stand, Rätsel auf / Serie (29)

- VON FELICITAS LACHMAYR

Aichach/meitingen Ihr Fehler hat zwei jungen Menschen das Leben gekostet. Mit diesem Bewusstsei­n muss eine heute 18-Jährige aus dem Landkreis Aichach-friedberg leben. Das Aichacher Jugendgeri­cht verurteilt­e die junge Frau gestern wegen fahrlässig­er Tötung in zwei Fällen und fahrlässig­er Körperverl­etzung zu 64 Stunden Hilfsdiens­t.

Die damals 17-Jährige hat am 22. Juni 2016 einen tragischen Unfall verursacht: Auf dem Weg von Meitingen Richtung Thierhaupt­en kommt sie mit ihrem Auto auf die Gegenfahrb­ahn und prallt in einen Kleinwagen mit drei jungen Leuten. Der 26-jährige Fahrer und seine 21-jährige Lebensgefä­hrtin sterben wenige Tage nach dem Unfall. Der dritte Insasse wird schwer verletzt.

In der nicht-öffentlich­en Verhandlun­g zeigte sich laut Pressespre­cherin Daniela Lichti-rödl, wie sehr die junge Frau bis heute unter ihrem Fehler leidet. Wegen der psychische­n Folgen, aber auch weil sie zu ihrem Fehler stand und sich bei den Hinterblie­benen der Opfer entschuldi­gte, verhängte das Gericht das relativ milde Urteil. Ein Verfahren gegen den Vater, der der minderjähr­igen Tochter damals im Begleitete­n Fahren zur Seite stand, wurde eingestell­t. Laut Gutachter traf ihn keine Schuld. Friedberg Weil sie sich nicht dem Glauben an römische Gottheiten beugen wollte, musste sie sterben. Verurteilt zum Tode auf dem Scheiterha­ufen. Im Jahr 304 ließ Kaiser Diokletian, der besonders grausam gegen Christen vorging, die heilige Afra verbrennen. Seitdem ranken sich Mythen und Sagen um ihr Martyrium.

Es gibt zahlreiche Hinweise auf ihre Person und ihr Schicksal, aber sind sie eindeutig gesichert? Wurde sie wirklich verbrannt? Wo genau erlitt sie ihren grausamen Tod? Der Historiker Hubert Raab aus Friedberg hat sich jahrelang mit der regionalen Geschichte und der Person der heiligen Afra beschäftig­t. Er ist sich sicher: Afra ist eine historisch­e Person, die auf einer kleinen Insel im Lech auf dem Scheiterha­ufen starb.

„Schon zu ihrem Tod soll sich ein Wunder vollzogen haben“, erklärt Raab. So soll sie nicht den Flammen des Feuers zum Opfer gefallen sein, sondern am Rauch erstickt sein. Anschließe­nd soll Afra auf einem Friedhof außerhalb der Stadtmauer­n 55 rätselhaft­e Orte der römischen Provinzhau­ptstadt Augusta Vindelicum bestattet worden sein. Heute erhebt sich dort die Basilika St. Ulrich und Afra in Augsburg. „Im Jahr 1064 entdeckte man einen Sarkophag, der ein weibliches Skelett enthielt, bei dem lediglich die Füße angesengt waren, der restliche Körper aber unversehrt war“, erklärt Raab. Dieser Fund beflügelte den Afra-kult. Bis heute ist der Sarkophag der heiligen Afra in einer Grabkapell­e in der Basilika St. Ulrich und Afra zu sehen.

Doch der genaue Ort ihres Todes wirft Rätsel auf. Die historisch­e Quellenlag­e ist dünn. Laut Überliefer­ung starb Afra auf einer kleinen Insel im Lech. Zu dieser Zeit verlief der Lech zwischen Augsburg und Friedberg allerdings noch nicht in einem begradigte­n, festen Flussbett, sondern bildete immer wieder neue Flussläufe und kleine Inselchen.

Raab geht davon aus, dass sich die Insel, auf der die Heilige starb, an der Stelle befand, wo heute die Kirche St. Afra im Felde bei Friedberg steht. Bis zu ihrer Zerstörung im Dreißigjäh­rigen Krieg soll sich in der zu Beginn des 12. Jahrhunder­ts errichtete­n Kirche eine Martersäul­e befunden haben, die an die Leiden der heiligen Afra erinnerte. Schon damals zog die Kirche zahlreiche Wallfahrer aus den umliegende­n Dörfern an. Nach ihrem Wiederaufb­au zu Beginn des 18. Jahrhunder­ts zierte eine Afra-statue den Hochaltar der Kirche. In Folge der Säkularisa­tion wurde St. Afra im Felde kurzzeitig zum Munitionsd­epot umfunktion­iert und erst in den 1870er Jahren unter Wallfahrts­direktor Alois Melcher wieder zur Kirche umgebaut. Die Afra-statue, die damals den Altar schmückte, befindet sich heute im Friedberge­r Heimatmuse­um. Erst seit 1964 ähnelt der Blick in die Kirche dem von heute – ergänzt um eine moderne Afraskulpt­ur von Georg Chorherr.

Geschichte erleben

Lage Die Kirche St. Afra im Felde befindet sich zwei Kilometer süd westlich von Friedberg.

Führungen Wer die Kirche besich tigen möchte, kann sich bei Karl Richter unter 0821/2621471 anmel den. Der Friedberge­r bietet indivi duelle Führungen an.

Öffnungsze­it Immer sonntags um 9 Uhr ist Gottesdien­st. An sonni gen Tagen bleibt der Vorraum der Kirche auch danach für Besucher geöffnet.

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Foto: Andreas Schmidt Als Kontrast zur barocken Figur gibt es in der Kirche St. Afra im Felde heute die se moderne Darstellun­g im Altarraum von Georg Chorherr.
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