Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Fans kommen Pink Floyd so nah wie nie
Ausstellung Sie sind die Superstars der britischen Musikgeschichte. Jetzt enthüllt ein Londoner Museum bislang unbekannte Seiten der Band um David Gilmour und Roger Waters
London Ein Schwein schwebt hoch oben in der Luft, genauso wie die Kopie eines Kriegsflugzeugs – während ein gigantischer, aufblasbarer Lehrer mit Rohrstock in der Hand auf den Besucher herunterblickt. Er wirkt psychisch gestört und droht dem Betrachter offenkundig. Auch er ist im übertragenen Sinne ein Schwein – für seinen Erschaffer Roger Waters.
Der frühere Pink-floyd-chef hatte seine Erfahrung mit seinem bösen Lehrer künstlerisch verarbeitet – Grundlage für den legendären Song „Another Brick In The Wall“. Das Schwein flog dann 1977 über die Londoner Battersea Power Station, ein Kraftwerk, und bildete das legendäre Cover für das Album „Animals“. Auch diese Szenerie mit dem Nachbau der Station wird in der neuen Ausstellung des Victoria and Albert Museums über die britische Band Pink Floyd veranschaulicht. Der Titel „Their Mortal Remains“(„Ihre sterblichen Überreste“) klingt zwar etwas finster. Aber die Schau, die am Samstag in London öffnet und bis zum 1. Oktober läuft, ist eine faszinierende und gleichwohl eindringliche Erinnerung daran, wie groß der Einfluss Pink Floyds auf die Welt der Rockmusik gewesen ist.
Die Reise geht durch eine experimentelle und eindringliche Welt – durch fünf Jahrzehnte, dargestellt anhand von Originalinstrumenten, Briefen, Outfits und Kunstobjekten, Bühnen-accessoires und Fotografien, Videoaufnahmen und Tagebucheinträgen. Der Besucher betritt Schau durch eine Replik des ursprünglichen Tourbusses und landet sofort in der psychedelischen Welt der 60er Jahre aus Licht- und Videoshows.
Gegründet 1965 von Syd Barrett, Nick Mason, Roger Waters und Rick Wright experimentierten die Musiker bereits zu Beginn ihrer Karriere sowohl mit Kunst, mit Neuerungen in der Tontechnik als auch mit Drogen und waren zu Beginn Teil einer rebellischen Jugendkultur. Die Ausstellung wurde chronologisch nach Alben geordnet und man erkennt, wie sich die Band stets neu erfunden hat. Am Ende kreierten die Meister der visuellen Effekte auf der Bühne ein wahres Rock-theater und lieferten bomdie bastische und aufwendige Bühnenshows vor bis zu 90000 Menschen. Und so feiere die Ausstellung eben auch eine 25-jährige goldene Zeit, als die Albumverkäufe durch die Decke gingen und die Industrie überflutet wurde mit Geld, sagte Aubrey Powell bei der Vorabbesichtigung. Er ist einer der Gründer des Designteams von Hipgnosis, das für die berühmtesten Plattencover verantwortlich zeichnet und gemeinsam mit dem Museum und den noch lebenden Bandmitgliedern die Retrospektive zusammengestellt hat.
Das 1973 erschienene Album „The Dark Side Of The Moon“machte Pink Floyd weltweit zu Superstars. Doch es fällt auf, wie sich die Künstler umso mehr zurückzogen, je euphorischer sie auf der Weltbühne gefeiert wurden. 250 Millionen Alben haben sie verkauft, mit ihren Liedtexten provoziert, sich stets neu erfunden und versucht, politische Botschaften zu vermitteln.
Dass immer wieder die Fetzen zwischen den Bandmitgliedern flogen, klingt an, aber leise. Dabei betonte Roger Waters, der schon 1985 ausgestiegen war, noch vor zwei Jahren in einem Interview mit unserer Zeitung, wie unangenehm die letzten zehn Jahre in der Band gewesen seien. „Unsere Wege gingen philosophisch und politisch auseinander.“Doch die Faszination, die die 2015 aufgelöste Band ausübt, scheint immer noch ungebrochen. Rund 45 000 Tickets für die Ausstellung wurden bereits vorab verkauft. Es wird mit einem ähnlichen Erfolg gerechnet wie vor vier Jahren bei der David-bowie-ausstellung.