Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Sonnenstrom zum Heizen und Duschen
Energie Was, wenn die Photovoltaik-anlage mehr Strom liefert, als im Haus gebraucht wird? Eine Lösung könnte sein, Warmwasser zu erzeugen. Wie das funktioniert
Kaufbeuren Die Situation ist den Besitzern vieler neuer Photovoltaikanlagen vertraut. An sonnigen Nachmittagen erzeugen diese mehr Strom, als aktuell im Haus gebraucht wird. Speist man den Strom ins Netz ein, erhält man häufig nur noch eine eher geringe Vergütung. Eine Lösung kann es da sein, Warmwasser zum Duschen oder Heizen zu erzeugen, erklärt der Kaufbeurer Heizungsfachmann Martin Sandler. „Power-to-heat“, zu Deutsch „Strom zu Wärme“, nennt sich das Verfahren.
Von der verbreiteten Technik, den Überschussstrom vom Dach einfach über einen Heizstab in einen Warmwasserspeicher zu schicken, hält der Fachmann aber wenig. Denn bis sich ein mehrere hundert Liter umfassender Wasserspeicher auf diese Weise erwärmt, vergeht viel Zeit. Zudem reicht die überschüssige Energie aus der Photovoltaik-anlage meist nicht, um das Wasser im Speicher wirklich so heiß zu bekommen, dass man damit duschen oder heizen kann. Gerade bei wechselhaftem Wetter liefern die Photovoltaik-anlagen dafür einfach zu wenig Strom.
Sandler rät zu einer anderen Technik: Er schickt den Strom vom Dach in eine Art Durchlauferhitzer. Damit steht sehr schnell Heißwasser für den Haushalt bereit. „E-heat“hat er seine Power-to-heat-anlage genannt, die seit 2015 erhältlich ist. Vom Bundeswirtschaftsministerium gab es dafür den Bundespreis 2017 für innovatorische Leistungen für das Handwerk. Das Gerät ist stufenlos regelbar. „Es passt sich der Leistung an, die gerade von der Photo- voltaik-anlage kommt“, sagt Sandler. Er sieht Power-to-heat als Ergänzung zur normalen Heizung – zum Beispiel jeder beliebigen Öl-, Gas- oder Pelletheizung. Der Strom vom Dach hilft dann, Brennstoff einzusparen.
Photovoltaik-strom in Wärme zu verwandeln, ist ein Thema, das auf steigendes Interesse stößt, berichtet auch Martin Sambale, Geschäftsführer des Energie- und Umweltzentrums Allgäu. „Baut man heute eine Photovoltaik-anlage, geht es in erster Linie darum, den Strom im Haus selbst zu verbrauchen, in zweiter Linie lädt man einen Batteriespeicher, an dritter Stelle kommen dann Power-to-heat-lösungen“, sagt er. Sie haben vor allem dann Sinn, wenn man dadurch einen Heizkessel ausschalten kann und fossile Energie aus Öl und Gas einspart. „Gerade im Sommer, wenn wenig geheizt, aber immer noch Warmwasser benötigt wird, ist die Technik relevant“, sagt Sambale. „Dann kann man am meisten gewinnen.“
Für alle, die heute eine Photovoltaik-anlage kaufen, sei Power-toheat ein interessantes Thema, sagt Sambale. Derzeit gebe es auf dem Markt mehrere Anbieter mit unterschiedlichen Konzepten, berichtet der unabhängige Fachmann. Er weist auch auf die Möglichkeit hin, den Solarstrom zu nutzen, um zum Beispiel eine Wärmepumpe als Heizung zu betreiben.
Und wenn mehr heißes Wasser erzeugt wird, als derzeit im Haus gebraucht wird? Auch dafür gibt es inzwischen Lösungen: Ingenieur Martin Sandler, der mit seinem Unternehmen „EFG – Energie für Gebäude“zwölf Mitarbeiter beschäftigt, schlägt vor, das heiße Wasser in einen Schichtspeicher zu stecken. Diese zum Beispiel 1000 Liter umfassenden Speicher lassen sich ebenfalls im Keller neben der Heizanlage aufstellen und halten Wasser über Stunden warm.
Sandler sieht einen stark steigenden Bedarf nach Power-to-heatlösungen, je weiter die Energiewende in Deutschland voranschreitet. Denn mit dem Ausbau von Solarund Windenergie kommt es immer häufiger vor, dass zu viel Strom im Netz ist. Würde der überschüssige Strom genutzt, um Warmwasser zu erzeugen und zu heizen, entlastet das die Netze. Sandler hat seine Anlage deshalb so ausgelegt, dass sie mit dem Energieversorger kommunizieren kann. „Ist zu viel Strom im Netz, kann das E-werk aus der Ferne die Anlage im Keller einschalten“, erklärt er. Dann wird das Ortsnetz entlastet.
Was aber kostet das alles? Ingenieur Martin Sandler beziffert den Preis der Power-to-heat-anlage auf rund 4000 Euro.
Messe Lösungen für die Energiewen de stellt derzeit die Fachmesse Interso lar in München vor, die bis Freitag, 2. Juni, dauert. Sandler ist heute im benach barten Bauzentrum mit einem Vortrag vertreten: Willy Brandt Allee 10, 16.45 bis 19.00 Uhr.