Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Endlich freie Fahrt am Aichacher Bahnhof
Früher haben sich die Schranken 34 Mal am Tag geschlossen – und vor allem die Berufspendler genervt. Warum es nach der ersten Studie 18 Jahre gedauert hat, bis nun die Autos durch die neue Unterführung rollen können
Aichach Der Stau am Bahnübergang gehörte für Pendler, die aus nordwestlicher Richtung nach Aichach zur Arbeit fuhren, bisher zum Berufsalltag. Doch bald ist er Vergangenheit. Noch sind letzte Restarbeiten zu erledigen. Vor Schulbeginn soll der Verkehr erstmals durch die neue Unterführung rollen, die Aichach und den Stadtteil Oberbernbach verbindet. Der genaue Termin wird aber erst heute Abend verkündet, wenn die neue, rund zwölf Millionen Euro teure Bahnunterführung im Beisein von Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann vor 150 geladenen Gästen bereits offiziell eröffnet wird.
Autofahrer in Aichach und im gesamten Umland sehnen den Termin herbei. Denn einer vor Jahren erhobenen Verkehrszählung zufolge schließen die Schranken 34 Mal am Tag. Oft bilden sich vor ihnen Staus. Der Bahnübergang wies mit rund 16 000 Fahrzeugen schon damals eine der höchsten Frequenzen im Aichacher Stadtgebiet auf.
In Zukunft gelangen die Autofah- rer schneller und sicherer ans Ziel. Mit der Unterführung kommen sich Autoverkehr und die Züge der Bayerischen Regiobahn zwischen Augsburg und Ingolstadt nicht mehr in die Quere. Mehrfach wurde es in Aichach brenzlig, weil Autofahrer, Radler oder Fußgänger trotz roter Ampeln und sich senkender Schranken noch über die Gleise zu kommen versuchten. Schwerere Unfälle blieben zuletzt zwar aus. Doch auch wenn die Schranken bei „BeinaheUnfällen“beschädigt wurden und repariert werden mussten, staute sich der Verkehr.
Bürgermeister Klaus Habermann sprach bei der Bahnunterführung wiederholt von einem „Jahrhundertprojekt“. Eines, das die Stadt Aichach sowie die Projektpartner von Bund, Freistaat und Deutscher Bahn viele Nerven kostete. Bereits im Jahr 1999 gab es eine Machbarkeitsstudie. Um weiterzumachen, fehlte zunächst das Geld. Im März 2010 erteilte die Regierung von Schwaben die Genehmigung. Weil die Deutsche Bahn über ein Jahr später die Finanzierungsvereinbarung noch immer nicht unterschrieben hatte, baten Stadt und Staatliches Bauamt den damaligen Bun- destagsabgeordneten und Bundestagsvizepräsidenten Eduard Oswald um Hilfe. Er hatte Erfolg – dennoch lag die Unterschrift der Bahn erst im Sommer 2012 vor. 2013 erfolgte der Spatenstich.
Nicht nur der Zeitplan musste immer wieder über den Haufen geworfen werden, auch Kostenschätzungen bewahrheiteten sich nicht. Um die Jahrtausendwende war grob von zwölf bis 15 Millionen D-mark die Rede gewesen. Noch 2006 belief sich die Kostenschätzung auf rund acht Millionen Euro. Die gute konjunkturelle Lage, volle Auftragsbücher bei den Firmen und allgemeine Preissteigerungen verteuerten das Projekt später auf 11,6 Euro für Baukosten und Grunderwerb.
Dennoch: Im Raum Aichach fragten viele Autofahrer zuletzt immer drängender, wann die neue Unterführung offen ist. Erst recht, da sie wegen der Bauarbeiten seit Langem Umleitungen in Kauf nehmen müssen. Wer weitere Umwege vermeiden und auf kürzeren Schleichwegen durch die Stadt kommen wollte, stand auch dort regelmäßig im Stau.