Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ode an die alten Trambahnen
Viele Leser erinnern sich an die Fahrten mit Straßenbahnen, aus denen der Schaffner noch aussteigen musste, um die Weichen zu stellen. Doch es gibt auch andere Erlebnisse aus vergangenen Tagen, die im Gedächtnis geblieben sind
Die Erinnerungen an Kindheit und Jugend holen uns immer wieder ein. Unsere Serie „Woisch no“trägt dazu bei, dass viele AZ- Leser zuletzt ihre Alben herausgesucht oder Geschichten von früher erzählt haben. Jede Woche schildert unser Autor Silvano Tuiach Situationen und Szenen aus dem Augsburg der 50er, 60er und 70er Jahre. Zuletzt ging es um die Straßenbahn.
Artur Stadler, der inzwischen in Plauen lebt, veranlasste die gestrige Folge dazu, eine Mail an die Lokalredaktion zu schicken und zu erzählen. „Jeden Abend nach Ladenschluss trafen wir Junggesellen und Lehrlinge vom Zentral, Merkur oder anderen Häusern uns am Kö-pilz, um mit der Linie 4 nach Hause in Richtung Oberhausen bzw. Bärenkeller zu fahren.“Die Jungs, so schreibt Stadler, hatten immer viel Spaß – „manchmal auch auf Kosten anderer Mitfahrer, aber für heutige Verhältnisse nichts Schlimmes“. Einmal aber habe ihnen der „Bluamatoni“, der im Bärenkeller wohnte, die Schau gestohlen: „Ich weiß es noch genau: Es war zwischen Brunntal und Klinkerberg, als der Schaffner auf das angetrunkene Augsburger Original zukam und ihn der Bluamatoni nach einer Zurechtweisung voll ,agschbibn‘ hat – voll in die auf dem Bauch getragene Schaffnertasche mit Münzbehälter.“
Stadler erinnert sich aber auch an die blonde Schaffnerin, die hauptsächlich auf der Linie 4 fuhr, „mit den für damals sehr ungewohnten, mit einem Stift selbst aufgetragenen Augenbrauen“. „Wir glaubten damals, sie wäre die einzige Frau in diesem Kosmetikstyle in Augsburg. Auf jeden Fall eine elegante Frau und der Zeit weit voraus.“
Für AZ- Leserin Hannelore Dorner war eine Fahrt mit der Straßenbahn in die Stadt das Zeichen, dass etwas gekauft wurde, was es nicht jeden Tag gab. „Und ein Besuch beim Bader in der Annastraße war für mich als Kind dann die Krönung. Schon der Duft, wenn man durch die Tür reinging! A Traum!“
Die Straßenbahn hatte an den Einstiegen oftmals noch Gitter, die man zur Seite schob, schreibt Dorner. Im Winter war man auf diesen Plattformen dem kalten Wind ausgesetzt. Drinnen sei es um so wär- mer gewesen: „Die Heizung blies unbändig warme Luft zwischen den Holzlamellen durch. Der Schaffner kassierte den Fahrpreis – zehn Pfennig für mich als Kind.“Der Schaffner schaute, ob alle eingestiegen waren, und gab mit dem Lederband, das oben durch den Wagen lief, das Zeichen. Unten am Roten Tor fuhr die Tram langsam, der Schaffner sprang heraus, legte die Weiche – je nachdem, ob die Tram nach Haunstetten oder Richtung Friedberg fuhr. „An der Endhaltestelle Kriegshaber klinkte der Trambahnfahrer seinen Sitz, der mit einer Stange am Boden arretiert war, aus, nahm seine Kurbel mit und ging damit zum anderen Ende der Straßenbahn. Dort montierte er beides wieder an seinen Platz und es ging damit in die entgegengesetzte Richtung.“Hannelore Dorner weiß auch, dass man nicht jede Tram nahm: „Als Jugendliche war es viel schicker, mit den inzwischen eingesetzten neuen Straßenbahnen zu fahren. Wir ließen lieber eine alte durch und warteten, bis eine neue kam. Heute würde ich gerne wieder mit einer Uralt-tram fahren.“
Bei Monika Majewski wurden Erinnerungen an die Amerikaner wach, sie gehen zurück bis ins Jahr 1959. „Da ging ich in die dritte Klasse der Mädchenschule bei Sankt Peter und Paul. Mein täglicher Weg ging von der Schule vorbei am Kino Filmburg. Erster Halt – wo ich mir die vielen tollen Bilder der neuen Filme anschaute.“Über Donauwörther Straße ging es bis zum Hotel Alpenhof und noch ein Stück weiter. „War ne ganz schön weite Strecke. Morgens hin, mittags zurück. Wenn die Amis ins Manöver zogen, war Wagen an Wagen die ganze Donauwörther Straße entlang zu sehen und zu hören.“Da die Wagen hinten offen waren, konnte man das Singen der Amerikaner gut hören. Monika Majewski hat das immer fasziniert. „Am schönsten war es, wenn sie die kleinen Päckchen aus dem Auto warfen. Ich konnte sie auf dem Fußweg gut einsammeln und war ganz glücklich über den Inhalt. Für meine Mutter gab es Salzpäckchen, Zuckerpäckchen, dann das begehrte Milchpulver und für mich Kakao und Salzgebäck.“
Dass der Fasching in Augsburg einmal ein richtiges Fest war, daran erinnert sich Elisabeth Arkenberg und erzählt vom Faschingsumzug: „Richtig viele Augsburger standen am Straßenrand und haben mehr oder auch weniger gut gelaunt ,Lach am Lech‘ gerufen. Die Amerikaner marschierten in Ausgehuniformen mit und beglückten uns mit tollen Übungen: Gewehre wurden in die Luft geworfen und gefangen.“Wegen Geldmangels wurde der Faschingsumzug dann irgendwann eingestellt, was unsere Leserin noch immer bedauert.
O Unsere
Serie Jeden Montag beleuch tet Autor Silvano Tuiach das Augsburg der 50er, 60er und 70er Jahre. Nächste Woche geht es um die Sportstadt Augs burg – also um berühmte Sportstätten, berühmte Sportler und Anekdoten rund ums Thema. Können Sie sich an Fußball spiele mit Freunden erinnern oder an andere sportliche Ereignisse? Haben Sie Fotos von sich beim Seilhüpfen oder anderen sportlichen Aktivitäten? Dann schicken Sie sie uns in hoher Auflösung und als jpg datei an: lokales@augsbur ger allgemeine.de, Kennwort „Woisch no“. Bitte schreiben Sie uns Ihren voll ständigen Namen und Ihre Telefon nummer dazu.