Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Eine Frucht erobert die Welt
schuldet sein dürfte. Die Avocado wurde im Lauf der Zeit in weite Teile der Welt exportiert. Doch ein Verkaufsschlager war sie lange Zeit nicht. In den 1920er Jahren schlossen sich allerdings Händler zusammen, um gemeinsam auf breiter Front die Frucht anzupreisen. Sie verwendeten ausschließlich den Namen Avocado – wohl, um den fettig klingenden Namen „Butterfrucht“zu vermeiden. Aber auch mit einem neuen Namen hatte sie in der Bevölkerung den Ruf eines Dickmachers – denn die Avocado enthält mehr Fett als die meisten anderen Früchte. Noch in den 80er Jahren betrachteten Forscher sie als Dickmacher.
Die Avocado-bauern und -Händler in den USA wollten diesen Ruf loswerden. Daher schlossen sich einige von ihnen in den 90er Jahren zur California Avocado Growers Organisation zusammen und beauftragten renommierte Institute, unter anderem die Universität Harvard, etwas Positives über die Avocado herauszufinden. Und es gelang. Plötzlich wurde die Bevölkerung über die gesundheitlichen Vorteile der Avocado aufgeklärt, etwa über ihre gesunden ungesättigten Fettsäuren. Der Coup der Avocado-bauern ging auf – befeuert durch eine große Werbekampagne, die bis heute andauert. Plötzlich galt die Frucht als unglaublich gesund, als sogenanntes Superfood.
Eine Organisation, die sich heute so stark wie keine andere für die Avocado einsetzt, ist „Avocados From Mexico“. Die warb sogar beim amerikanischen Super Bowl für ihr Produkt – obwohl dort der Sendeplatz für einen 30-Sekunden-werbespot mehrere Millionen Dollar kostet. Die Werbeagentur hat es sogar geschafft, die Avocado fest mit dem Sportereignis zu verknüpfen. In vie- len Haushalten der USA ist es inzwischen selbstverständlich, dass während des Super Bowls eine Schüssel Guacamole und Mais-chips auf dem Tisch stehen. Mexiko, der Hauptproduzent der Avocado, freut sich über diesen Trend und befeuert ihn. „Ohne Guacamole kein Super Bowl“, schrieb der mexikanische Landwirtschaftsminister José Calzada auf Twitter. Und die Amerikaner folgten dem Ruf. Allein während des Super Bowls sollen sie 35 000 Tonnen Avocados vertilgt haben.
In Deutschland haben wohl die Vegetarier und Veganer der Frucht zu ihrem Siegeszug verholfen. Diese Theorie vertritt Ernährungswissenschaftler Uwe Knop: „Die Avocado enthält so viel Fett wie keine andere Frucht. Da steckt viel Energie drin, die etwa Veganer gut gebrauchen können.“Doch von der besten Frucht der Welt, wie sie von Avocado-fans genannt wird, kann keine Rede sein, sagt Knop: „Eine Avocado ist so gut wie jede andere Frucht. Die Inhaltsstoffe sind nicht schlecht, aber auch nicht überragend.“
Gleichzeitig warnen Umweltschützer, dass Avocados schon zu beliebt seien. Die Nachfrage wächst laufend und die Produktionsländer versuchen immer mehr zu exportieren. Fünf Millionen Tonnen werden bereits jedes Jahr geerntet – Tendenz steigend. Dabei zeigt sich eine negative Seite der Avocado – sie braucht sehr viel Wasser. Zur Produktion werden pro Kilogramm Frucht rund 1000 Liter Wasser verbraucht. Zum Vergleich: Bei Tomaten sind es nur 180 Liter. Dabei wächst die Avocado ausgerechnet bevorzugt in heißen Regionen. Schon lange kann Mexiko nicht mehr genug für den gesamten Weltmarkt anbauen. Andere Länder sind in das Geschäft eingestiegen. Etwa Peru. Doch Teile dieses Landes leiden unter Wassermangel, was laut
durch Avocado-plantagen verschlimmert wird. Gleichzeitig werden für den Anbau der Früchte große Waldflächen gerodet – ein weiterer Minuspunkt in der Umweltbilanz.
Der Handel mit Avocados ist aber so profitabel, dass immer mehr südamerikanische Bauern die Frucht anpflanzen. Dadurch hat die Avocado auch den Blick von Kriminellen auf sich gezogen. Drogenkartelle, die Experten in Schmuggel und Erpressung sind, verlangen inzwischen auch von Avocadobauern Schutzgeld und eigene Zölle für den Export. Avocados wandern durch die Hände von Verbrechern – und landen als Trend-frucht auf deutschen Tellern.