Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Tv-duell abschaffen? Ü
Foto: afp ber die Form des Tv-duells lässt sich streiten. Muss das so penibel und ängstlich durchritualisiert sein? Und dann: Vier Moderatoren? Wahnsinn, ein Überschuss an Eitelkeit. Leerlaufringelreihen und vollkommen überflüssig. Abschaffen! Aber das Duell selbst, dieses Aufeinandertreffen der beiden aussichtsreichsten Konkurrenten um den Einzug ins Kanzleramt: Behalten! Wo sonst gibt es eine für alle zugängliche, unmittelbare Vorstellung dieser Art? Millionen können sich ansehen, was es so nur in diesem Format gibt – Mimik, Spontaneität (oder fehlende), Redegabe, Leidenschaft (oder fehlende), Glaubwürdigkeit (oder fehlende), Humor (oder fehlender), gar Selbstironie.
Die „Duell“-situation mag von Erwartungen (aber auch Vorurteilen) überladen sein. Aber wie bei manchen chemischen Experimenten, die nur dann zischen und stinken und blubbern, wenn zwei Substanzen zusammengemixt werden, ermöglicht dem Publikum nur das direkte Aufeinandertreffen der „Matadore“Erkenntnisse, die über die reine Kenntnisnahme politischer Positionen und Parolen hinausgehen. Dazu gehört auch der Vergleich: Wer gibt sich wie, wer wirkt wie, wer reagiert wie unter Druck? Man muss gar nicht die Geschichte der Tv-duelle bemühen (Nixon contra Kennedy!), um für die Wirkmächtigkeit und Notwendigkeit dieser Massenpartizipation zu werben.
Und es wäre im Übrigen falsch, aus der Enttäuschung über ein Duell (langweilig, nix Neues) auf dessen Verzichtbarkeit zu schließen. Es kann für einen Wähler nämlich eine aufschlussreiche Erkenntnis sein, dass Duellanten uninspiriert aneinander vorbeischießen. Oder dass zwei Langweiler zur Wahl stehen, die kaum Überzeugungskraft haben und keine Vision für die Zukunft.