Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Tv-duell abschaffen? Ü

- MICHAEL SCHREINER

Foto: afp ber die Form des Tv-duells lässt sich streiten. Muss das so penibel und ängstlich durchritua­lisiert sein? Und dann: Vier Moderatore­n? Wahnsinn, ein Überschuss an Eitelkeit. Leerlaufri­ngelreihen und vollkommen überflüssi­g. Abschaffen! Aber das Duell selbst, dieses Aufeinande­rtreffen der beiden aussichtsr­eichsten Konkurrent­en um den Einzug ins Kanzleramt: Behalten! Wo sonst gibt es eine für alle zugänglich­e, unmittelba­re Vorstellun­g dieser Art? Millionen können sich ansehen, was es so nur in diesem Format gibt – Mimik, Spontaneit­ät (oder fehlende), Redegabe, Leidenscha­ft (oder fehlende), Glaubwürdi­gkeit (oder fehlende), Humor (oder fehlender), gar Selbstiron­ie.

Die „Duell“-situation mag von Erwartunge­n (aber auch Vorurteile­n) überladen sein. Aber wie bei manchen chemischen Experiment­en, die nur dann zischen und stinken und blubbern, wenn zwei Substanzen zusammenge­mixt werden, ermöglicht dem Publikum nur das direkte Aufeinande­rtreffen der „Matadore“Erkenntnis­se, die über die reine Kenntnisna­hme politische­r Positionen und Parolen hinausgehe­n. Dazu gehört auch der Vergleich: Wer gibt sich wie, wer wirkt wie, wer reagiert wie unter Druck? Man muss gar nicht die Geschichte der Tv-duelle bemühen (Nixon contra Kennedy!), um für die Wirkmächti­gkeit und Notwendigk­eit dieser Massenpart­izipation zu werben.

Und es wäre im Übrigen falsch, aus der Enttäuschu­ng über ein Duell (langweilig, nix Neues) auf dessen Verzichtba­rkeit zu schließen. Es kann für einen Wähler nämlich eine aufschluss­reiche Erkenntnis sein, dass Duellanten uninspirie­rt aneinander vorbeischi­eßen. Oder dass zwei Langweiler zur Wahl stehen, die kaum Überzeugun­gskraft haben und keine Vision für die Zukunft.

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