Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Erlebnisreise durch die filigrane Welt des Zerbrechlichen
20 Jahre Glasstraße: Deutschlands größte Freiluftgalerie begeistert jedes Jahr Millionen Urlauber
In Ostbayern ist das Glas der „Baustoff“einer beispiellosen Urlaubs-erlebniswelt: der 250 Kilometer langen Glasstraße. In der Stadt Regen wurde der Gläserne Wald aus transparenten Bäumen zu einem Wahrzeichen. In Viechtach ist die Gläserne Scheune Besuchermagnet ebenso wie die größte Kristallglas-pyramide der Welt in Zwiesel oder die Gläserne Arche am Lusen und die Gläsernen Gärten in Frauenau. Zahlreiche Glashütten haben ihre Werkstätten für Besucher geöffnet und bieten Gästen teils die Möglichkeit, in den gläsernen Erlebniswelten selber Glas zu blasen. Die Glasstraße führt von Neustadt an der Waldnaab quer durch den Oberpfälzer Wald und den Bayerischen Wald bis nach Passau. Seit ihrer Eröffnung durch den vor kurzem verstorbenen Alt-bundeskanzler Helmut Kohl im Jahr 1997 wurde sie zu einer Erfolgsgeschichte: Entlang der Route reiht sich heute eine gläserne Attraktion an die andere: Hüttenführungen, Glasmacherkurse, Erlebnis-angebote, Museen und vor allem auch Werksverkäufe ziehen Besucher an. Inzwischen als Touristenattraktionen bekannt, sind die Angebote, die unter freiem Himmel einzigartige Naturerlebnisse auf dem „Grünen Dach Europas“mit der großen Kulturtradition rund um das Glas verbinden – auch weil die Orte entlang der Ferienstraße immer neue spektakuläre gläserne Attraktionen Wirklichkeit werden lassen. Bis zu fünf Meter ragen beispielsweise bei Regen im Bayerischen Wald mehr als zwei Dutzend grün, braun und blau schimmernde Tannen, Fichten, Buchen, Kiefern und Espen in die Höhe. Im Wind aber wiegen sich diese Bäume nicht und der Waldduft fehlt ihnen ebenfalls. Diese Stämme hat nicht die Natur, sondern Menschenhand geschaffen: Die Bäume in diesem Wald in Niederbayern sind aus feinstem Quarzglas. Glaskünstler Rudolf Schmid – er hat in Viechtach auch die einzigartige „Gläserne Scheune“geschaffen – entwickelte eine spezielle Glasmischung für die gläsernen Bäume: Denn die Stämme aus Glas sind auf den Höhen des Bayerischen Waldes Wind und Wetter ausgesetzt. Bunte gläserne Natur-welten blühen im Glasdorf der Traditions-manufaktur Weinfurtner in Arnbruck. Dort „fliegen“ zerbrechliche Schmetterlinge und Marienkäfer, „blühen“filigrane Blüten und glitzern Mobiles im Schein der Sonne. Im Glasdorf arbeiten Künstler, Kunsthandwerker, Designer und Gärtner in einzigartiger Weise zusammen und erschaffen tagtäglich aufs Neue gläserne Welten. Blick über die Schultern Bis zu eine Million Besucher jährlich zählen die 70000 Quadratmeter großen Kristall-erlebniswelten bei Joska in Bodenmais. Ausgebildete Glasbläser demonstrieren am Schmelzofen eindrucksvoll ihr Handwerk. Besucher können dort Glaskünstlern beim Schleifen, Gravieren oder Bemalen über die Schulter schauen und sich von der bunten und glitzernden Glaswelt verzaubern lassen. Am Fuße des Lusen-massivs zwischen Teufelsloch und Himmelsleiter fasziniert ein grün schimmerndes, fünf Meter langes Schiff seine Besucher: Die Gläserne Arche besteht aus 480 miteinander verbundenen Glasscheiben und wird von einer Hand aus Eichenholz gehalten. Das deutsch-tschechische Kunstobjekt ist gleichzeitig Symbol für die Bewahrung des gemeinsamen Natur- und Kulturraums Bayerischer Wald und Böhmerwald und beeindruckendes Monument für die jahrhundertealte Bedeutung dieser Waldlandschaft als weltweit berühmte Glasregion. Als „Gläsernes Herz des Bayerischen Waldes“gilt Frauenau, wo die älteste Industriellenfamilie Deutschlands, die Familie von Poschinger, seit nahezu 500 Jahren edle gläserne Gebrauchsgegenstände produziert. Auch Erwin Eisch, einer der bedeutendsten Glaskünstler der Studioglasbewegung, hat seine Glashütte in Frauenau. In den Gläsernen Gärten begeistern in Frauenau auf einer Fläche von acht Hektar 24 Skulpturen von renommierten Künstlern aus der ganzen Welt die Besucher. Am besten lassen sich die faszinierenden Kunstwerke auf einem Spaziergang von der Glashütte Eisch zur Glasmanufaktur Poschinger entdecken. Mitten im Ort Riedlhütte ist in aufwendiger Handarbeit der 1000 Quadratmeter große Wald-glas-garten der Familie Köck entstanden. Im Sinne des Wortes „herausragender“Mittelpunkt der Garteninszenierung ist eine gläserne Baumgruppe aus Fichte, Tanne und Buche. Die gläsernen Baumriesen ragen fast zehn Meter in den Himmel. Allein die Blätter und Nadeln der Bäume bestehen aus mehr als 1000 von Hand hergestellten Glasscheiben. Den „Waldboden“bevölkern gläserne Hirsche und Rehe, Füchse und Hühner, Eulen, Schnecken und Frösche. Im Bayerischen Wald hilft Glas auch dabei, die innere Balance wiederzufinden: Auf dem Meditationsweg im Pfarrgarten Kollnburg laden imposante, mit Versen aus der Bibel versehene Glastafeln zum Innehalten inmitten der Natur ein. In Zwiesel bieten eine Gläserne Kapelle und ein Gläserner Kreuzweg Gelegenheit zum Verweilen und Nachdenken. Insgesamt 14 Stationen säumen den etwa einen Kilometer langen Wanderweg. Jede Station ist ein individuelles Kunstwerk aus Spezialglas, auf Granit oder Gneisfindlinge montiert und mit einem hölzernen Dach geschützt.
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