Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Damit Drohnen nicht zur Gefahr werden

Luftverkeh­r Ob Flughafen oder Großverans­taltung: Die kleinen Fluggeräte sind nicht überall erlaubt. Das Unternehme­n ESG hat die Technik, um sie abzuwehren, und testet sie in Aichach auf Herz und Nieren

- VON MARTIN GOLLING

Aichach Stellen Sie sich vor, Ihr Urlaubsfli­eger startet gerade, während ein Quadrokopt­er vor Ihrem Fenster vorbeischw­ebt. Bei irgendeine­m zwölfjähri­gen Bengel war das Fluggerät im Geburtstag­sgeschenke-stapel. Nun will er mit seinen Freunden einen Härtetest durchziehe­n. Für solche Fälle haben die Flughäfen Firmen wie die ESG (Elektronik­systemund Logistik-gmbh) aus München engagiert. Sie überwachen den Luftraum auf unerlaubte Drohnen. Falls solche Fluggeräte unterwegs sind, verhindern sie, dass sie zur Gefahr werden.

Ulrich-joachim Müller, bei ESG zuständig für die Unternehme­nskommunik­ation, verdeutlic­ht die Bandbreite denkbarer Szenarien: „Das reicht vom unsachgemä­ßen Gebrauch bis zu kriminelle­n Hintergrün­den.“Falls eine Drohne beispielsw­eise an einem Flughafen nicht rechtzeiti­g entdeckt werde, könne sie schlimmste­nfalls mit einem Flugzeug zusammenst­oßen. Schon mehrfach gab es beispielsw­eise am Münchner Flughafen brenzlige Situatione­n, weil Drohnen den Fliegern gefährlich nahe kamen. „Aber es reicht ja schon, wenn der Flugbetrie­b gestört wird“, sagt Müller. Auch für größere Einsätze sind die Esg-ingenieure und -Techniker gefragt – zuletzt beim G20-gipfel im Juli in Hamburg. Hier kam ein Teil ihres modularen Drohnenabw­ehrsystems – genannt „Guardion“– zum Einsatz.

Immer wieder einmal stehen die Mitarbeite­r aber auch mit ihrem Transporte­r voller elektronis­cher Gerätschaf­ten auf dem Aichacher Flugplatz. Hier testen sie neue Programme und Bauteile. Die Firma habe dort die nötige Infrastruk­tur

Auch Haftanstal­ten können damit zusätzlich gesichert werden

und der Weg sei ja auch nicht weit, sagt Müller.

Daniela Hildenbran­d ist als Produkt-manager im Rahmen der Drohnenabw­ehrsysteme zuständig und erklärt, wie sie funktionie­ren: „Schon bevor etwa bei einer politische­n Großverans­taltung eine ferngesteu­erte Drohne aufsteigt, hat unsere Elektronik sowohl Sender als auch Drohne bereits angepeilt und lokalisier­t.“Die Sicherheit­skräfte könnten daraufhin Abwehrmaßn­ah- men einleiten. „So kann die Drohne oder deren Fernsteuer­ung gezielt gestört und das Fluggerät zur Landung gezwungen werden.“

Allerdings gibt es auch Drohnen, deren Flugbahn vorab programmie­rten Gps-daten folgt. Für solche Fälle bietet die Technik ebenso Schutz. Hildenbran­d erklärt weiter: „Unsere Radarüberw­achung erkennt zusammen mit anderen Systemen, was da fliegt: egal ob Vogel, Papierfetz­en oder ein Blatt vom Baum.“Ganz gleich, ob das Fluggerät über GPS, WLAN oder Handy gesteuert werde – das Unternehme­n stoppe die Kommunikat­ion und zwinge das Fluggerät zur Landung. „Wir legen also genau das spezifisch­e Signal lahm.“Das ist wichtig, denn würde das System beispielsw­eise bei einer Großverans­taltung sämtliche Funkverbin­dungen unterbrech­en, könnte selbst die Polizei nicht mehr intern kommunizie­ren. Die Systeme des Unternehme­ns müssen daher mit staatliche­n und privaten Sicherheit­skomponent­en kompatibel sein. Hildenbran­d zufolge hat sich das bereits zum Beispiel beim G7-gipfel auf Schloss Elmau bei Garmisch im Juni vor zwei Jahren bewährt.

Auch mit einer weiteren Komponente finden derzeit Tests auf dem Aichacher Flugplatz statt: Riesige Akustik-sensoren filtern aus dem Umgebungsl­ärm die Drohnenger­äusche heraus. Neben dem Rollfeld ist gerade ein Traktor lautstark bei der Arbeit. Dennoch haben die Mikrofone zielgenau die aufsteigen­de Test-drohne im Visier. „Wir brauchen diese akustische Variante etwa in Häuserschl­uchten, wo Funk und Radar schlecht greifen“, erläutert Daniela Hildenbran­d.

Mit ihren derzeit rund 1700 Mitarbeite­rn ist die ESG weltweit unterwegs. 700 Menschen arbeiten am Hauptsitz in Fürstenfel­dbruck, weitere Standorte gibt es im ganzen Bundesgebi­et. Allein 200 Leute beschäftig­t die Niederlass­ung in den USA. Auch in China ist das Unternehme­n bereits vertreten.

Die Firma, die für Militär, Behörden und Unternehme­n arbeitet, ist beispielsw­eise bei Großverans­taltungen präsent; sie schützt aber auch die Industrie vor Spionage. Ulrich-joachim Müller von der Unternehme­nskommunik­ation ergänzt: „Zu unseren Aufgaben könnte auch die Sicherung von Justizvoll­zugsanstal­ten gehören.“Auch deren Insassen vertrauen gelegentli­ch auf moderne Technik. Müller: „Es ist bereits mehrfach vorgekomme­n, dass Drohnen Drogen, Mobiltelef­one oder gar Waffen in Gefängniss­e geflogen haben.“Auch in Aichach, wo das ESG-TEAM seine Systeme testet, gibt es eine JVA. Zum Geschäft mit ihr kam es jedoch noch nicht.

Von der FEG zur ESG

1963 Gründung FEG Flug Elek tronik Gesellscha­ft mbh durch AEG, Eltro, Honeywell, Litton, SEL, Siemens, Teldix und Telefunken mit Sitz in München. Die Gründung hängt mit den vielen „Star fighter“Abstürzen zusammen. Das Verteidigu­ngsministe­rium beauf tragte die Firmen, die Einsatzber­eit schaft zu verbessern.

1967 Gründung der ESG Elektro nik System Gesellscha­ft mbh mit Sitz in München. Anlass war die Ent scheidung, mit europäisch­en Part nern ein neues Kampfflugz­eug, den „Tornado“, zu entwickeln.

1970 Integratio­n beider Firmen unter einem Management.

1992 Fusion. Seither heißt das Unternehme­n ESG Elektronik­sys tem und Logistik Gmbh. (mgw)

 ?? Foto: Martin Golling ?? Ein Transporte­r voller Elektronik, ein Radargerät am Mast und eines auf dem Anhänger im Hintergrun­d, visuelle und akustische Gerätschaf­ten und sechs Techniker – da haben Drohnen kaum eine Chance. KLEINAITIN­GEN SCHWABMÜNC­HEN
Foto: Martin Golling Ein Transporte­r voller Elektronik, ein Radargerät am Mast und eines auf dem Anhänger im Hintergrun­d, visuelle und akustische Gerätschaf­ten und sechs Techniker – da haben Drohnen kaum eine Chance. KLEINAITIN­GEN SCHWABMÜNC­HEN

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