Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
„Wir haben aus der Vergangenheit gelernt. Wir machen sicher nicht die gleichen Fehler ein zweites Mal.“
und den maßlosen Abkassierern des Steuerstaates schützen. Viele Wähler wünschen sich offenbar wieder eine solche Partei im Bundestag.
Sie sagen, die FDP sei die Partei der vernünftigen Mitte. Erklären Sie uns doch mal am Beispiel der Flüchtlingspolitik, was Sie damit meinen. Lindner: Wir müssen klar trennen zwischen Flüchtlingen und Einwanderern, da ist seit 2015 vieles durcheinandergeworfen worden. Flüchtlinge erhalten unseren Schutz und unsere Hilfe – allerdings nur so lange, bis sie wieder in ihre alte Heimat zurückkönnen. Die Rückkehr nach Kriegsende muss die Regel sein. Diejenigen, die auf Dauer bleiben dürfen, wählen wir nach Kriterien wie Sprachkenntnissen, Berufsausbildung und Rechtstreue aus.
Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Einerseits wollen Sie Flüchtlinge zurückschicken, andererseits sollen genau diese Flüchtlinge ihre Familien erst einmal nachholen dürfen. Lindner: Wir müssen auch beim Abschieben von illegalen Einwanderern besser werden. Dann gilt, dass Flüchtlinge, die hier bei uns leben, auch ihre minderjährigen Kinder nachholen können sollen. Aber ge- meinsam kann die Familie dann nur so lange bleiben, bis der Krieg in ihrer Heimat zu Ende ist. Wenn sie die Kriterien für einen dauerhaften Aufenthalt aus einem Einwanderungsgesetz danach nicht erfüllt, muss sie auch wieder ausreisen.
Die Grünen werfen Ihnen vor, Sie machten die FDP so zu einer Art AFD light. Fischt die Partei der vernünftigen Mitte jetzt am rechten Rand? Lindner: Dieser Vorwurf sagt mehr über die Grünen aus als über uns. Wer die Partei Hans-dietrich Genschers, die sich der Liberalität verpflichtet fühlt, in einen Topf mit der AFD wirft, schadet nicht uns, sondern verharmlost aus parteipolitischem Eigeninteresse die völkischautoritäre Gefahr für die politische Kultur, die von der AFD ausgeht.
Im letzten Wahlkampf hat die FDP große Steuererleichterungen versprochen und dieses Versprechen am Ende nicht einlösen können. Wo setzen Sie diesmal die Steuer-axt an? Lindner: Wir schwingen in diesem Wahlkampf nicht nur die Steueraxt, wir reden vor allem über Bildung, über Digitalisierung, über Europa und natürlich über die Flüchtlingspolitik. Aber ja: Wir wollen die Mitte der Gesellschaft durch niedrigere Steuern und Sozialabgaben entlasten, wir wollen die Stromsteuer und den Solidaritätszuschlag abschaffen und die kalte Progression bei der Einkommensteuer spürbar lindern. Wir denken an den Hartz-iv-bezieher, der sich etwas dazuverdienen will, genauso wie an die Krankenschwester, den Polizisten oder den Ingenieur. 30 bis 40 Milliarden an jährlicher Entlastung sind auf jeden Fall möglich – und wären ein Gebot der Fairness. Managern, Fernsehmoderatoren oder Fußballprofis können wir dagegen keine große Entlastung versprechen.
Junge Familien, die sich eine Immobilie anschaffen, wollen Sie durch einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer entlasten. Wie soll das denn gehen? Diese Steuer ist eine Ländersteuer. Lindner: Der Bund muss den Rahmen dafür schaffen, dass es einen Freibetrag für die erste selbst genutzte Immobilie geben kann. Nach unserem Konzept bezahlt eine Familie bis zu einem Immobilienwert von 500000 Euro keine Grunderwerbsteuer. Viele Leute haben mit Mitte, Ende 30 gar nicht das Eigenkapital, um überhaupt eine Hypothek zu bekommen. Auch deshalb müssen wir mit niedrigeren Steuern und Sozialabgaben dafür sorgen, dass den Menschen mehr Spielraum bleibt. Eine eigene kleine Immobilie ist doch der beste Baustein für die Altersvorsorge. Mich besorgt, dass Frau Nahles in Zeiten von Vollbeschäftigung und immer höheren Steuereinnahmen von einer Erhöhung der Rentenbeiträge auf 22 Prozent spricht. Das ist kein Konzept, sondern eine Drohung.
In Nordrhein-westfalen regieren Sie wieder mit der CDU, in Rheinlandpfalz mit der SPD und den Grünen, in Schleswig-holstein mit der Union und den Grünen. Heißt das, dass Sie auch im Bund offen sind für alle Bündnisse? Lindner: Zur Vollständigkeit dieser Liste gehört auch Baden-württemberg, wo wir Herrn Kretschmanns
FDP Chef Christian Lindner