Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Grüne atmen auf
Überzeugt Trittin die Linken von Jamaika?
Berlin Katrin Göring-eckardt stehen Tränen der Erleichterung in den Augen, als sie langsam zum Mikrofon geht. Cem Özdemir ist die Anspannung noch ins Gesicht geschrieben. „Wer hätte das gedacht?“, ruft ein Grüner ihnen durch den Jubel zu. „Wer hätte das gedacht?“, wiederholt Göring-eckardt.
Eine Partei atmet auf. Selbst grüne Optimisten hatten zuletzt kaum noch auf ein besseres Ergebnis als vor vier Jahren gehofft, die 8,4 Prozent waren damals eine schlimme Schlappe. Wenn die Partei jetzt eine Jamaika-koalition sondiert, ist sie zwar der kleinste Partner – aber kein einfacher, beteuert Parteichef Özdemir. „Wir sind kein gerupftes Hühnchen, über das sich die anderen hermachen können“, frohlockt sein Vorgänger Reinhard Bütikofer. Die Grünen wollen drei Ministerien, Zugeständnisse beim Kohleausstieg, bei Elektroautos – aber klappt das auch mit Union und FDP? Oder wird, wie mancher Grüne orakelt, die CSU das Bündnis verhindern, um vor der Bayern-wahl 2018 nicht die eigene Klientel zu erzürnen?
Für die Spitzenkandidaten Özdemir und Göring-eckardt stand viel auf dem Spiel, sie haben ihren realpolitischen Kurs gegen manche Widerstände durchgesetzt. Größere Personalrochaden sind unwahrscheinlich, solange sondiert und verhandelt wird. Auch Jürgen Trittin ist dafür fest eingeplant. Die Hoffnung: Wirbt er für Schwarzgelb-grün, der Mann, der 2013 nichts von Schwarz-grün hielt, dann wird die Basis wohl folgen. Die muss einen Koalitionsvertrag in einem Mitgliederentscheid absegnen.
Bei aller Erleichterung: Über die Neubesetzung der Partei- und Fraktionsspitzen wird unabhängig vom Wahlergebnis gesprochen. Özdemir hat angekündigt, dass er nach neun Jahren nicht noch einmal Parteichef werden will. Amtskollegin Simone Peter will wieder antreten, aber viele Parteifreunde bezweifeln, dass sie sich durchsetzen würde. Der Name des Kieler Umweltministers Robert Habeck ist der Name, der im Moment am häufigsten fällt. Im Gespräch sind aber auch jüngere Bundestagsabgeordnete wie Franziska Brantner oder Konstantin von Notz sowie der Europapolitiker Sven Giegold. Der Wunsch nach Erneuerung ist groß bei den Grünen.