Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Von den Sorgen des Kantinenessers
DVON MARKUS BÄR ie deutsche Bevölkerung lässt sich soziologisch gesehen in zahlreiche Kategorien unterteilen. Hier und heute soll es um den Kantinenesser gehen – der in der Republik mutmaßlich in Millionen gezählt werden kann. Als guter Kantinenesser sorgt man sich gern um eine angemessene Versorgung mit Vitaminen. Man könnte ja auf der hohen See des Arbeitslebens an Skorbut erkranken. In der Kantine, um die es hier und heute geht, wird mittäglich fürsorglich ein eher klein wirkendes Schälchen Salat vorgehalten Da es günstig ist, erfreut es sich durchaus ausreichender Nachfrage in der Belegschaft. Aber: Reichen diese wenigen Kubikzentimeter Grün und Co. wirklich aus, um den Kantinenesser ausreichend vor Mangelernährung zu schützen? Wochenlang nagte der Zweifel und ein Schatten des schlechten Ernährungsgewissens verdunkelte das an sich ja schöne Ereignis der Kalorienzufuhr. Doch eines Mittags lieferte ein Kollege der Politikredaktion die ach so simple Lösung: Beherzt das Schälchen zur Hand nehmen und das Grün auf einem reinen Teller ausbreiten. Siehe da: unglaublich, welch erstaunliche Menge sich auf einmal dem Auge präsentiert
Na, diese Portion wird nun ganz sicher vor Skorbut schützen. Vorbei sind die Tage des Zweifels. Wie einem doch die Wahrnehmung einen Streich spielen kann. Die Quintessenz daraus: Alle Dinge sollten sich entfalten dürfen. Auch Kantinensalat.