Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Gefährliches Spiel mit dem Terror-begriff
Der Sinn des hitzigen Expertenstreits über die begriffliche Definitionshoheit der schrecklichen Münchner Bluttat vom Juli 2016 kann sich einem nüchternen Beobachter nur schwer erschließen: Welchen Unterschied macht es denn bitte schön, ob der Täter ein durch jahrelanges Mobbing gekränkter Psychopath war, der sich zur Rechtfertigung seines Handelns einen kruden, rassistischen Überbau zimmerte – oder ein kruder Rassist, den seine gekränkte Psyche dazu trieb, seinen Hass an neun unschuldigen Menschen auszuleben?
Festzuhalten bleibt, dass die Ermittler nicht auf dem rechten Auge blind waren, wie etwa Aussagen der Linken-bundestagsabgeordneten Petra Pau unterstellen. Stets wurde auf die rassistische Gesinnung des Täters verwiesen. Und auch für den Schluss, dass eher persönliche als politische Motive den Täter antrieben, gibt es gute Argumente.
Der Tat dennoch den Stempel „Rechtsterrorismus“aufdrücken zu wollen, ist ein gefährliches Spiel: Zum einen wertet der Begriff die irrsinnige Tat eines ideologisch wenig gefestigten Einzeltäters ohne Not politisch auf. Zum anderen entwertet es den Terror-begriff: Wie will man etwa die Nsu-terroristen künftig nennen, deren Verbrechen – anders, als bei David S. – eindeutig darauf zielten, den demokratischen Rechtsstaat zu zerstören?
Wer künftig Taten wie den Münchner Amoklauf verhindern will, wird dies mit einer Verengung auf das Rassismus-motiv eher nicht erreichen. Die Gründe für die Horror-tat waren vielschichtig. Die politische Antwort darauf muss es ebenso sein.