Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
59 Löcher sind erlaubt
Rechtsprechung Bohren und Dübeln gehören zum Gebrauch der Mietsache
Eine Regelung im Mietvertrag, wonach der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses verpflichtet ist, Dübeleinsätze zu entfernen, Löcher ordnungsgemäß und unkenntlich zu verschließen und durchbohrte Kacheln zu ersetzen, ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH VIII ZR 10/92) unwirksam. Es gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, dass der Mieter Dübel setzt und Kacheln, insbesondere in Bädern und Küchen, anbohren darf, zum Beispiel um Spiegel, Konsolen, Seifenschalen oder Handtuchhalter anzubringen.
Schadenersatzansprüche hat der Vermieter in aller Regel nicht. Von einer Pflichtverletzung kann nach Angaben des Mieterbundes Mittelrhein e.v. erst ausgegangen werden, wenn durch das Bohren und Dübeln die Grenzen des Mieter-gebrauchsrechts überschritten werden, das heißt, wenn der Mieter in einem ungewöhnlichen Ausmaß Dübellöcher setzt, erkennbar ohne Rücksicht auf die Belange des Vermieters. 59 Bohrlöcher überschreiten das verkehrsübliche Maß nicht, entschied zum Beispiel das Amtsgericht München (Az. 473 C 32372/13). Das Landgericht Berlin (Az. 63 S 216/13) akzeptierte sogar 149 Bohrlöcher in einer 150 Quadratmeter großen Wohnung.
Etwas anderes gilt aber, wenn der Mieter laut Mietvertrag wirksam zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist. Dann gehört auch die Beseitigung der Dübellöcher zu den vertraglich übernommenen Aufgaben.
Der Autor Franz Obst ist Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Koblenz. Bekanntheit hat er als Streitschlichter in der RTL-TV-SERIE „Nachbarschaftsstreit“erreicht. Dabei und in Buchveröffentlichungen wie „Nachbar – Deutsch, Deutsch –Nachbar“(Langenscheidt-verlag) hat er seine Kompetenz im Umgang mit Konflikten jeglicher, vor allem aber auch nachbarschaftlicher Art bewiesen.