Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Goethes Fluchtort
Rom Die Casa di Goethe ist das einzige deutsche Museum im Ausland
Rom Weder seine Freunde noch den Weimarer Hof informierte Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), als er sich von Karlsbad aus mitten in der Nacht auf die Reise nach Italien machte. Ziel der damals beschwerlichen Alpenüberquerung war Rom. Hier suchte er Leichtigkeit, Ausgelassenheit und Sinnlichkeit. Er reiste unter Pseudonym, kurz und ohne Blick für die Kunstwerke machte er Station in späteren Touristenmetropolen wie Florenz. Am 29. Oktober 1786 endlich kam er in der Stadt seiner Sehnsucht an und lebte mit dem Maler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein in einer Künstler-wohngemeinschaft in der römischen Altstadt.
Heute ist die Wohnung an der Via del Corso ein Museum, die Casa di Goethe (deutsch: Goethehaus). Finanziert wird es vom Staatsministerium für Kultur und Medien, es ist das einzige deutsche Museum im Ausland. Am 30. Oktober feiert die Casa di Goethe ihr 20-jähriges Bestehen.
Das Zimmer des Dichters ging zu einer ruhigen Seitenstraße hinaus. In der Ecke, in der sein Bett stand, hängt heute eine Tischbein-zeichnung, die auf Goethes Liebschaften anspielt. „Das verflixte zweite Kissen“steht wie in einem Comic mitten ins Bild geschrieben. Man sieht Goethe – in Hauslatschen – neben seinem Bett, ein Kissen in der Hand. Ob er es gerade für seine Geliebte aufs Bett legt oder herunternimmt, ist unklar. Daneben eine Büste der streng schauenden Göttergattin Juno – sie ist noch heute in Goethes Zimmer zu besichtigen. Vor dem Bett liegt eine Katze und starrt den Betrachter aus kohlschwarzen Augen an.
Der Dichter habe die „bohèmehafte Atmosphäre“genossen, um das Künstlerleben in völliger Freiheit zu leben, sagt die Leiterin des Casa di Goethe, Maria Gazzetti. „Man könnte fast sagen, er war ein Aussteiger, der sich ein Sabbatjahr von den Verpflichtungen als Minister in Weimar nahm.“
Neben der Dauerausstellung zu Goethe in Italien pflegt die Casa di Goethe heute auch die Kulturbeziehungen zwischen beiden Ländern mit Wechselausstellungen und Forschung. Buchstäblich ein Bild der Goethe-zeit in Rom gibt der zum Jubiläum herausgegebene Bestandskatalog der Casa di Goethe. Zu sehen sind darin unter anderem Faustillustrationen von Eugène Delacroix, Henri de Toulouse-lautrec, Salvador Dalí und Max Slevogt. Und wie lieblich die heute stark zersiedelte Umgebung Roms zu Goethes Zeiten aussah, das zeigen zahlreiche Landschaftsbilder – eine Idylle wie gemacht für den Aussteiger Goethe.