Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Easyjet greift bei Air Berlin zu
Insolvenz Die britische Billigflug-gesellschaft will 25 Flugzeuge übernehmen. Das Geschäft soll im Dezember vollzogen werden. Dann können viele Beschäftigte aufatmen
Berlin Air Berlin ist Geschichte. Die insolvente Airline hat den Flugbetrieb eingestellt und für alle Unternehmensteile Käufer gefunden. Nun will der britische Billigflieger Easyjet 25 Flugzeuge vom Typ Airbus A320 übernehmen. Bis zu 1000 Piloten und Flugbegleitern sollen dadurch Stellen bei der Fluggesellschaft angeboten werden. Das gibt nach Einschätzung der Gewerkschaft Verdi vielen Beschäftigten berufliche Sicherheit. Den Reisenden verspricht Lufthansa-chef Carsten Spohr auch nach der Zerschlagung des Konkurrenten und der Übernahme von gut der Hälfte der Air-berlin-flotte stabile Ticketpreise.
„Ich kann verstehen, dass sich die Menschen in Deutschland nun fragen, ob die Preise steigen“, sagte Spohr. Und er fügte hinzu: „Fakt ist, dass Fliegen nie günstiger war als heute. Und dieser langjährige Trend wird sich sicher nicht umkehren.“Air-berlin-chef Thomas Winkelmann betonte, dass auch der Deal mit Easyjet Vorteile für die Passagiere habe: „Das ist auch gut für den Luftverkehrsstandort Deutschland, da Wettbewerb und attraktive Angebote erhalten bleiben.“
Die letzte Maschine der Air Berlin, eine Airbus A320, landete am Freitagabend um 23.45 Uhr aus München kommend auf dem Flughafen Berlin-tegel. Mit dem Verschwinden von Air Berlin vom Flugplan fallen nun rund 250 innerdeutsche und Europa-flüge aus dem Angebot. Noch im vergangenen Jahr hatte Air Berlin rund 800 Flüge täglich im Programm. Diese Lücke kann nicht sofort gefüllt werden.
Lufthansa-chef Spohr sprach mit Blick auf die Eingliederung der Airberlin-teile von einer „Mammutaufgabe einer so noch nie da gewesenen Integration“. 81 von 140 Flug- zeugen will Lufthansa übernehmen, dazu 3000 Mitarbeiter, die bei der Lufthansa-tochter Eurowings fliegen sollen. „Es müssen Flugzeuge übertragen werden, Verhandlungen mit den Leasinggesellschaften stehen an, für das Umlackieren der Flugzeuge müssen Kapazitäten gebucht werden, und wir brauchen viele Tausend Schulungs- und Trainingseinheiten für die neuen Mitarbeiter“, sagte Spohr.
Air Berlin und Easyjet unterzeichneten eine Vereinbarung über die Übernahme von Teilen des Flugbetriebs in Tegel für 40 Millionen Euro. Bisher war Easyjet am Standort Berlin ausschließlich am Flughafen Schönefeld aktiv. Für die 25 Maschinen will Easyjet wieder- um Leasingverträge abschließen. Die Transaktion soll im Dezember vollzogen werden, wie die britsche Airline mitteilte.
Easyjet will von Tegel aus Flüge innerhalb Deutschlands und zu weiteren Zielen in Europa anbieten. Über den Winter solle zunächst ein abgespeckter Flugplan gelten, der Sommerflugplan solle dann komplett werden, kündigte die Airline an. Details zu den Verbindungen sollen noch bekannt gegeben werden.
Die neuen Mitarbeiter würden „in den kommenden Monaten eingestellt“, auf der Grundlage von mit der Gewerkschaft Verdi ausgehandelten Tarifverträgen, teilte Easyjet mit. Verdi-vorstandsmitglied Christine Behle sagte, für die Beschäftigten solle es keine materiellen Einbußen geben. „Das gibt sehr vielen Beschäftigten von Air Berlin eine reelle Chance und berufliche Sicherheit für die Zukunft.“Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo bezeichnete das Jobangebot als „kleinen Lichtblick in dieser katastrophalen Situation“. „Alle Unternehmensteile der Air Berlin sind jetzt verkauft“, teilte der Generalbevollmächtigte im Insolvenzverfahren bei Air Berlin, Frank Kebekus, am Samstag mit.
Was Hunold dazu sagt
Der langjährige Air Berlin Chef Joachim Hunold hat das Ende für das von ihm aufgebaute Unterneh men bedauert. „Es ist eine tiefe Traurigkeit in mir“, sagte Hunold beim letzten Air Berlin Flug von München nach Berlin Tegel am Frei tag. Es gehe „ein Lebenswerk zu Ende“. Für ihn sei es deshalb eine „Ehrensa che, bei dem letz ten Flug dabei zu sein“. „Jeder Manager macht Fehler“, sagte auf die Frage, ob er sich etwas vorzuwerfen habe.
Air Berlin hatte schon in der 20 jährigen Amtszeit Hunolds bis 2011 hohe Schulden angehäuft. Seine Nachfolger konnten daran nichts ändern. Das Unternehmen ging nach mehreren Sanierungs versuchen pleite. Hunold wurde bei dem letzten Flug einer Air Berlin Maschine von manchen Mitarbeitern umarmt, von anderen aber auch ausgepfiffen. Zumindest nach außen hin nahm das der Manager gelas sen hin. (dpa) er