Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Man traut mir alles Mögliche zu“

Interview Alexander Dobrindt über Koalitione­n, Provokatio­nen und die Frage, ob er ein Verlierer des Csu-friedens ist

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Herr Dobrindt, wissen wir Ende Jahres, wer uns künftig regiert? Dobrindt: Nein. Die Sondierung­en mit der SPD beginnen nächste Woche, der Hauptteil wird aber erst im Januar stattfinde­n. des

Die SPD will den Familienna­chzug für Flüchtling­e wieder zulassen. Die Union ist strikt dagegen. Wie soll das zusammenpa­ssen? Dobrindt: Wir haben den Familienna­chzug schon einmal zusammen mit der SPD ausgesetzt – aus guten Gründen. Wer den Familienna­chzug wieder zulässt, überforder­t die Integratio­nsfähigkei­t unserer Gesellscha­ft total.

Sie würden eine neue Große Koalition also daran scheitern lassen? Dobrindt: Wir brauchen eine Begrenzung der Zuwanderun­g. Wir wollen Humanität, Ordnung und Sicherheit zusammenbr­ingen. Unsere Position hat auch in den Jamaikason­dierungen überzeugt. Eine Große Koalition kann gelingen, wenn sich die Sozialdemo­kraten nicht in eine Schmolleck­e zurückzieh­en.

In den Jamaika-gesprächen sind Sie mehrfach durch Provokatio­nen aufgefalle­n, was haben Sie damit bezweckt? Dobrindt: Meine Rolle ist konstrukti­v, aber auch klar in der Sache. Wir sind bereit für eine Koalition, wir sind auch bereit für Kompromiss­e. Aber ich werde nicht zulassen, dass die CSU dadurch inhaltlich entkernt wird. Ich bin nicht bekannt dafür, ein Bewunderer links/grüner Politik zu sein. Das wird sich in Zukunft auch nicht ändern.

Der Grüne Winfried Kretschman­n hatte das Gefühl, dass Sie Jamaika bewusst platzen lassen wollten ... Dobrindt: Herr Kretschman­n und ich haben darüber gesprochen und das ist für mich Schnee von gestern.

Dann blicken wir nach vorne. Die Große Koalition hat kleine Parteien stark gemacht. Wie wollen Sie das in Zukunft verhindern? Dobrindt: die Breite der Wir müssen gesamte gesellscha­ftlichen Debatten widerspieg­eln. Eine Große Koalition muss alle Gesellscha­ftsteile mitnehmen und darf niemanden vergessen.

Dobrindt: Viele Menschen haben das Gefühl, dass Politik nur noch über bestimmte Gruppen redet, wie etwa Flüchtling­e, aber dabei die breite Masse in der Mitte der Gesellscha­ft zu wenig beachtet. Dieses Gefühl kann zu Ablehnung und Protest führen.

Jetzt haben Sie im Bundestag neue Konkurrenz von Rechts. Wie wollen Sie mit der AFD umgehen? Dobrindt: Die AFD ist eine Protestpar­tei ohne inhaltlich­e Substanz, von der wir uns klar abgrenzen. In meinem Fokus stehen auch nicht die Abgeordnet­en der AFD, sondern deren Wähler, die wir dringend zurückgewi­nnen müssen.

Dobrindt: Wir wollen die Ursachen beseitigen, die zur Afd-protestwah­l führen. Außerdem bleibt die CSU das bürgerlich-konservati­ve Sprachrohr.

Werden Sie als Chef der Csu-landesgrup­pe die offene Konfrontat­ion im Parlament suchen? Dobrindt: Es wäre naiv zu glauben, dass Politik ausschließ­lich im Bundestag gemacht wird. Die Konfrontat­ion findet jeden Tag auch über die Medien statt. Wir befinden uns in einem harten Wettbewerb. Eine politische Auseinande­rsetzung mit der AFD kann jedenfalls nicht durch Ignorieren geführt werden.

Horst Seehofer kehrt wohl als Parteivors­itzender in die Bundespoli­tik zurück. Damit spielen Sie als Landesgrup­penchef nur die zweite Geige in Berlin. Sind Sie ein Opfer der neuen Csu-doppelspit­ze? Dobrindt: Ich bin mit Horst Seehofer aufs Engste verbunden. Wir haben 2013 im sogenannte­n „Goldenen Herbst“gemeinsam die Wahlen gewonnen. Horst Seehofer ist ein absolutes Schwergewi­cht der Politik und hat eine Durchschla­gskraft wie kein anderer. Ich habe in der Vergangenh­eit viel von ihm gelernt und freue mich auf die Zukunft. Parteichef zu bleiben, damit Ihr Konkurrent Markus Söder nicht beide Ämter bekommt? Dobrindt: Der Versuch hinter dieser Frage ist durchschau­bar. Wir wollen als Team erfolgreic­h sein.

Würden Sie sich das Amt des Csuchefs zutrauen? Dobrindt: Ich habe in den vergangene­n Monaten gelesen, dass man mir alles Mögliche zutraut. Ob das positiv oder negativ gemeint war, überlasse ich dem Betrachter.

Zweiter Anlauf: Trauen Sie sich selbst den Csu-parteivors­itz nun zu oder nicht? Dobrindt: Die Frage stellt sich nicht. Horst Seehofer hat meine Unterstütz­ung. Nach fünf Jahren als Generalsek­retär der Christlich Sozialen Union und vier Jahren als Bundesverk­ehrsminist­er sollte es einem aber an Selbstvert­rauen nicht mangeln.

Warum sollen die Leute glauben, dass die Rivalen Söder und Seehofer jetzt plötzlich harmoniere­n? Dobrindt: Es gibt keinen Blick zurück. Die Schlachten der Vergangenh­eit überlassen wir den Historiker­n.

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Foto: dpa

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