Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wer will noch Lokführer werden?
Bahn Wie aus einem Kindheitstraum ein Mangelberuf wurde
Augsburg Früher träumten viele Jungs an ihren Modelleisenbahnen davon, später selbst einmal einen Zug zu führen – wie Lukas, der Lokomotivführer aus der Augsburger Puppenkiste. Doch diese Begeisterung hält nicht mehr bis ins Erwachsenenalter an. Heute müssen Bahngesellschaften mit großen Kampagnen den Nachwuchs locken.
„Dimitri passt zu uns, weil er stets pünktlich ankommen will.“Mit diesem Slogan wirbt die Bahn gerade um Lokführer. Menschen wie Dimitri sind selten geworden. In den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit stehen 912 offenen Lokführerstellen nur 257 arbeitslose Lokführer gegenüber. „Der Markt ist leergefegt“, sagt Stephan Moulios von der Lokführergewerkschaft. Dem alten Kindertraum, im Führerstand einer Lok mit 7500 PS und 165 Tonnen zu stehen, stehen strapaziöse Schichtdienste und ein vergleichsweise geringer Lohn gegenüber. Ein Lokführer verdient bei der Bahn je nach Berufserfahrung zwischen 38000 und 45 000 Euro pro Jahr. Doch um das Geld geht es vielen Mitarbeitern nach den Worten von Moulios gar nicht. „Ausreichend Freizeit spielt eine größere Rolle.“Vor allem in Süddeutschland sind Lokführer knapp. Weil qualifizierter Nachwuchs fehlt, werben immer mehr Anbieter mit Programmen für Quereinsteiger: Zehn Monate dauert diese Umschulung, Voraussetzung dafür ist eine möglichst technische Berufsausbildung. Besonders kreativ im Buhlen um neues Personal ist die private norddeutsche Eisenbahngesellschaft Metronom. Unter dem Slogan „Mein Chef nervt mich jeden Tag. Werde Lokführer“wirbt sie um Nachwuchs. Wenn das mal kein Anreiz ist.