Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Spion geht mit der Zeit

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger allgemeine.de

Sicher waren Staatsgehe­imnisse noch nie. Nur die Methoden, wie sie erbeutet werden, haben sich geändert. Früher mussten ausländisc­he Mächte noch aufwendig einen Spion in einem Ministeriu­m platzieren, damit dieser dort vertraulic­he Papiere mitgehen lassen konnte. Bestochene, umgedrehte oder erpresste Politiker haben in der Agenten-folklore ebenso ihren festen Platz wie „Romeos“und „Honigfalle­n“, die ihre Zielperson­en auf dem Liebeslage­r aushorchen. Spionage à la James Bond gibt es heute noch, doch die modernen Schlapphüt­e haben ein wichtiges Instrument hinzubekom­men: Cyber-angriffe sind so effektiv wie risikoarm. Ganze Armeen von Computer-spezialist­en sind im Einsatz, um die Geheimniss­e verfeindet­er – und auch befreundet­er – Nationen abzufische­n. Die Erkenntnis, dass es in den weltweiten Datennetze­n keine absolute Sicherheit gibt, wird durch den noch rätselhaft­en Angriff auf das Regierungs­netz aufs Neue bestätigt. Absolute Sicherheit hat es aber auch früher nie gegeben. Jede Zeit bringt neue Herausford­erungen. Der aktuelle Fall zeigt, dass Deutschlan­d die Risiken der digitalen Spionage lange Zeit nicht ernst genug genommen hat.

Die Bundesregi­erung muss jetzt mächtig Dampf machen beim Aufbau einer schlagkräf­tigen Anti-hacker-truppe. Die Bandbreite der Inhalte reicht von Spesenabre­chnungen bis hin zu als streng geheim eingestuft­em Material. Das berichtet ein Experte mit tiefen Einblicken in die Architektu­r der Informatio­nstechnik der Bundesregi­erung.

Der Fachmann sagt unserer Zeitung, dass speziell dort, wo es um hochbrisan­te Informatio­nen geht, etwa um Berichte über Regimegegn­er in totalitäre­n Staaten, allerhöchs­ter Datenschut­z-aufwand betrieben werde. Das System des Auswärtige­n Amtes besitze zum IVBBNETZ nur eine einzige, streng gesicherte Schnittste­lle, bilde ansonsten aber eine eigene Einheit. Zum Einsatz kommen demnach etwa hoch entwickelt­e Systeme zur End-zuend-verschlüss­elung.

Dass es den Hackern jetzt gelungen sein könnte, in die allergehei­msten Bereiche der Kommunikat­ion des derzeit kommissari­sch von Sigmar Gabriel (SPD) geleiteten Auswärtige­n Amtes einzudring­en, hält der Fachmann eher für unwahrsche­inlich. Doch könne er nicht ausschließ­en, dass die Hacker an streng vertraulic­he Daten gekommen sind.

Auch Hansjörg Durz ist alarmiert: „Spätestens seit dem Angriff auf das Datennetz des Bundestags 2015 sind wir höchst sensibilis­iert und wissen, dass diese Systeme anfällig sind.“

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