Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der Spion geht mit der Zeit
Sicher waren Staatsgeheimnisse noch nie. Nur die Methoden, wie sie erbeutet werden, haben sich geändert. Früher mussten ausländische Mächte noch aufwendig einen Spion in einem Ministerium platzieren, damit dieser dort vertrauliche Papiere mitgehen lassen konnte. Bestochene, umgedrehte oder erpresste Politiker haben in der Agenten-folklore ebenso ihren festen Platz wie „Romeos“und „Honigfallen“, die ihre Zielpersonen auf dem Liebeslager aushorchen. Spionage à la James Bond gibt es heute noch, doch die modernen Schlapphüte haben ein wichtiges Instrument hinzubekommen: Cyber-angriffe sind so effektiv wie risikoarm. Ganze Armeen von Computer-spezialisten sind im Einsatz, um die Geheimnisse verfeindeter – und auch befreundeter – Nationen abzufischen. Die Erkenntnis, dass es in den weltweiten Datennetzen keine absolute Sicherheit gibt, wird durch den noch rätselhaften Angriff auf das Regierungsnetz aufs Neue bestätigt. Absolute Sicherheit hat es aber auch früher nie gegeben. Jede Zeit bringt neue Herausforderungen. Der aktuelle Fall zeigt, dass Deutschland die Risiken der digitalen Spionage lange Zeit nicht ernst genug genommen hat.
Die Bundesregierung muss jetzt mächtig Dampf machen beim Aufbau einer schlagkräftigen Anti-hacker-truppe. Die Bandbreite der Inhalte reicht von Spesenabrechnungen bis hin zu als streng geheim eingestuftem Material. Das berichtet ein Experte mit tiefen Einblicken in die Architektur der Informationstechnik der Bundesregierung.
Der Fachmann sagt unserer Zeitung, dass speziell dort, wo es um hochbrisante Informationen geht, etwa um Berichte über Regimegegner in totalitären Staaten, allerhöchster Datenschutz-aufwand betrieben werde. Das System des Auswärtigen Amtes besitze zum IVBBNETZ nur eine einzige, streng gesicherte Schnittstelle, bilde ansonsten aber eine eigene Einheit. Zum Einsatz kommen demnach etwa hoch entwickelte Systeme zur End-zuend-verschlüsselung.
Dass es den Hackern jetzt gelungen sein könnte, in die allergeheimsten Bereiche der Kommunikation des derzeit kommissarisch von Sigmar Gabriel (SPD) geleiteten Auswärtigen Amtes einzudringen, hält der Fachmann eher für unwahrscheinlich. Doch könne er nicht ausschließen, dass die Hacker an streng vertrauliche Daten gekommen sind.
Auch Hansjörg Durz ist alarmiert: „Spätestens seit dem Angriff auf das Datennetz des Bundestags 2015 sind wir höchst sensibilisiert und wissen, dass diese Systeme anfällig sind.“