Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Streit auf einem Parkplatz endet tödlich
Justiz Ein Sportwagenfahrer gerät vor einer Klinik in Göggingen mit einem 88-Jährigen aneinander. Dabei soll er den Rentner laut Anklage so geschubst haben, dass dieser später starb. Ein Gericht prüft jetzt die Schuld des Autofahrers
Ein Parkplatzstreit kann schnell vor einem Gericht enden. Dieser Streit allerdings endete für einen Rentner, 88, tragischerweise tödlich. Weshalb seit Donnerstag die Schwurgerichtskammer des Landgerichts den Fall verhandelt. Auf der Anklagebank sitzt der Fahrer eines Sportwagens. In Rage hatte dieser den alten Mann zu Boden gestoßen, der Monate später laut Anklage an den erlittenen schweren Kopfverletzungen starb. Dem 51-Jährigen, der in dem mehrtägigen Prozess von Anwalt Christoph Kühn verteidigt wird, droht eine mehrjährige Haftstrafe. Er ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt.
Der Streit hat sich vorigen August auf dem privaten Parkplatz der Hessing-klinik im Stadtteil Göggingen abgespielt. Der im Landkreis woh- Angeklagte wollte, wie er dem Gericht schilderte, an dem Vormittag gemeinsam mit seiner Frau seine Mutter im Krankenhaus besuchen. Weil es ein schöner, warmer Sommertag war, fuhr das Ehepaar im offenen Porsche-cabriolet. Der 51-Jährige hatte, wie er sagte, den Rentner auf dem Parkplatz stehen sehen, der allem Anschein zum Kassenautomaten gehen wollte, in dem Moment jedoch noch in seiner Geldbörse kramte. Um auf sich aufmerksam zu machen, sei er „kurz aufs Gas gestiegen“.
Georg S. hatte an dem Vormittag den Krankenbesuch gerade hinter sich. Seine Tochter hatte ihn zur Klinik gefahren, wo seine Frau lag, die an dem Tag ins Klinikum verlegt werden sollte. Während die Tochter Reisetasche und Rollator der Mutter ins Auto lud, war der Vater zum Kassenautomaten unterwegs, um das Parkticket zu bezahlen. Der 88-Jährige reagierte erschrocken, als er plötzlich neben sich Motorengeräusch aufheulen hörte, er beschimpfte offenbar den Porschefahrer. Der Fahrer hörte, wie ihm „Vollidiot“und „Trottel“hinterhergerufen wurde. Wütend hielt er an. „Ich wollte ihn zur Rede stellen, warum er mich beleidigt“, sagt der Angeklagte vor Gericht.
Die Tochter, Augenzeugin des Vorfalls, schilderte vor Gericht, wie sie die Situation erlebt hat. Aus der Ferne hatte sie ihren Papa erregt schimpfen hören. Sie hörte, wie er den Porschefahrer einen „Verkehrsrowdy“nannte. Der Angeklagte habe die Autotür aufgerissen und sei mit den Worten „Was willst Du? Was willst Du?“auf ihren Vater zugestürmt. Als sich beide Auge in Auge gegenüberstanden, sah die Tochter – im Prozess Nebenklägenende rin –, wie ihr Vater geschubst wurde und stürzte. „Mein Vater ist wie ein Baum umgefallen“, erinnert sich die Zeugin. Der 88-Jährige prallte mit dem Kopf auf, verlor sein Hörgerät, Geldmünzen verteilten sich auf dem Asphalt. Der Rentner war blass und verwirrt, als er wieder zu sich kam und vergeblich versuchte, aufzustehen. Blut rann aus einem Ohr. Die Tochter hatte Angst, dass ihr Vater stirbt. Sie holte Decken, während der Autofahrer den Kopf des Verletzten hielt. Kurz darauf traf ein Krankenwagen ein. Die folgenden Monate bis zu seinem Tod wurden für Georg S. ein Leidensweg. Drei Mal wurde er am Kopf operiert. Er erlitt einen leichten Schlaganfall, konnte nur noch künstlich ernährt werden. Nach einem Monat wurde der 88-Jährige ins Therapiezentrum Burgau verlegt, doch sein Zustand verschlechterte sich. Nach einer Lungenentzündung und einem Gehirninfarkt starb er Anfang Februar vorigen Jahres. Die Staatsanwaltschaft beruft sich in ihrer Anklage auf Gutachten. Georg S. hat demnach bei dem Sturz ein Schädelhirn-trauma erlitten, das verantwortlich ist für nachfolgende, schwere Gesundheitsschäden.
Nach dem Tod des Rentners hatte die Staatsanwaltschaft im Februar einen Haftbefehl gegen den Autofahrer erwirkt. Nach zweitägiger Untersuchungshaft kam der 51-Jährige aber gegen Auflagen wieder frei. Dem Angeklagten war am ersten Prozesstag bei seiner Aussage anzumerken, wie sehr ihm der Tod von Georg S. nahe geht. Entscheidend in dem mehrtägigen Prozess wird sein, ob der Angeklagte nach Ansicht der Richter durch sein Verhalten tatsächlich den Tod des Rentners verschuldet hat.