Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wenn Verse spontan weggelassen werden
Lyrik Sudabeh Mohafez und Monika Rinck präsentieren ihre Gedichte. Das ist auch ein Blick in ihre Schreibwerkstatt
Die Lyrikerin schränkt ein: „Eines zu Beginn: Das Gedicht ist unveröffentlicht.“Was folgt, ist eine lyrische Schöpfungsgeschichte, erst die Frau, dann der Marp, in 14 Teilen, von denen Monika Rinck nicht alle vorträgt. Es geht darin um die Sprache und um das Schreiben und Dichten. Nach dem Vortrag erzählt die mehrfach ausgezeichnete Lyrikerin, dass sie ein paar Zeilen spontan habe weglassen müssen. „Die sind noch nicht fertig“. Im Augsburger Brechthaus hat Rinck auf charmante und unterhaltende Weise dadurch Einblick in ihre Schreibwerkstatt gegeben.
Die Augsburger Sonderrauchzeichen, diese bemerkenswerte Lyrikreihe, ist im Zeichen des Brechtfestivals auf große Resonanz gestoßen. Das Brechthaus ist voll. Neben Rinck sitzt Sudabeh Mohafez, eine deutsche Schriftstellerin, die im Iran geboren ist. Und bitte: Jetzt nicht gleich über die Herkunft und das Zerrissensein zwischen zwei Welten sprechen! Mohafez hat all diese häufig gestellten Fragen auf ihrer Homepage zusammengestellt – ohne Antworten, weil sie es leid ist, immer nur darauf fixiert zu werden. Sie ist eine deutsche Schriftstellerin, die später doch von dem Berg vorliest, der am Rand von Teheran steht – „gestohlen soll er mir bleiben, der Berg“, heißt es bei ihr.
Im Gespräch mit Michael Schreiner, dem Leiter der Kultur- und Journal-redaktion der
geben Rinck und Mohafez Einblick in das Entstehen der Lyrik. Man staunt, wie viele Gedichte als Auftragsarbeiten entstehen und versteht sofort Rincks Einwurf, dass sie nicht wisse, ob das für die Qualität nun förderlich sei. „Wer außer dem Auftraggeber möchte schon ein Gedicht über die spekulative Ästhetik lesen?“, fragt sie. Den dritten im Bund, Ulrich Koch, vertreten alle drei, in dem sie vier seiner Gedichte vortragen. Der Zug, den er von Hamburg nehmen wollte, ist ausgefallen.