Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Grüne Berge, gluckerndes Wasser
Madeira Die Wunder des Lorbeerwaldes und hervorragende Wege machen die Insel zum Paradies für Wanderer. Wer den traditionellen Bewässerungskanälen folgt, erlebt ihre ursprüngliche Seite und muss sich nicht anstrengen
Kurz informiert
Anreise TAP fliegt ganzjährig täglich ab Frankfurt über Lissabon nach Ma deira. In den Sommermonaten gibt es auch Nonstop Verbindungen z.b. mit Air Berlin und Condor.
Übernachten » Legendär ist das 1891 eröffnete Hotel „Reid’s Palace“in Funchal, in dem Kaiserin Sisi abstieg, der Dramatiker George Bernard Shaw Tango tanzen lernte und später Winston Churchill logierte – neben zahlreichen anderen Prominenten und gekrönten Häuptern. Die Küche des Restaurants „William“(benannt nach dem Begründer William Reid) adelt ein Michelin Stern. Auch der Afternoon Tea ist ein Erlebnis und steht wie das Restaurant auch Gäs ten von außen offen (reservieren). DZ mit Frühstück ab 380 Euro (www.belmond.com/de/reids palace madeira). » Neu ist das Vier Sterne Haus „CR7“von Fußball Superstar Cristiano Ro naldo. Es liegt unmittelbar am Anleger der Kreuzfahrtschiffe, die auf Madei ra fast täglich anlegen, und ist eher stylish als wohnlich eingerichtet. Vor dem Haus wacht das Denkmal des auf Madeira geborenen Sportlers, auch ein Ronaldo Museum gehört zum Kom plex. DZ mit Frühstück im Frühling ab 122 Euro (www.pestanacr7.com/ de).
Pauschal Jahn Reisen bietet sieben Nächte im DZ im Vier Sterne Plus Hotel „Iti Pestana Grand Ocean Resort“mit Frühstück, Flug und Transfers im April ab 697 Euro pro Person an. Sie ben Nächte im DZ mit Frühstück im Reid’s Palace kosten inklusive Flug und Transfers pro Person ab 1493 Euro (www.jahnreisen.de). Buchbar im Rei sebüro oder unter Telefon 02203 42120.
Wandern Wer die vierstündige Tour von Riberia Frio bis nach Portela macht, kann sich am Ziel per Taxi zum Ausgangspunkt zurückbringen lassen (ca. 35 Euro).
Kontakt Allgemeine Informationen: www.visitmadeira.pt Rechts erhebt sich schroffer Felsen. Links öffnet sich der Blick auf samtig grüne Bergrücken. In der Ferne blitzt tiefblau der Atlantik. Vogelstimmen sind zu hören und das leise Gluckern von Wasser. Im Gebüsch toben Buchfinken. Kein Haus und keine Straße erinnert hier daran, wie dicht Madeiras Küstenregionen besiedelt sind. So ungezähmt wirkt der Lorbeerwald, dass Wanderer sich hier fühlen können, als hätten sie die Insel selbst entdeckt.
Elf Kilometer misst der Wanderweg von Ribeiro Frio bis nach Portela. Gleich neben der Landstraße, wo zwei Gasthöfe und eine Kapelle Wanderer physisch und spirituell versorgen, schlägt er sich in die Wildnis. Er führt durch Lorbeerwald, vorbei an Wasserfällen und durch die Felsspalte Cabeço do Furado. Zuletzt wendet er sich vom Kanal ab, verliert 300 Meter an Höhe – davon werden anderntags die Oberschenkel berichten – und erreicht die Zivilisation in Form eines Parkplatzes mit Obst- und Blumenständen. Sich zu verlaufen, ist unmöglich. Solange neben dem Wanderer die Levada, der etwa 50 Zentimeter breite Bewässerungskanal, gluckert, stimmt die Route. Gut beschildert ist sie sowieso.
Levadas wurden schon von den ersten Siedlern gebaut, um Wasser aus höher gelegenen Quellen in das landwirtschaftlich genutzte Land an der Südküste zu transportieren. Heute messen die Kanäle insgesamt 2300 Kilometer. Sie senken sich auf ihrem Weg zur Küste so gemächlich – pro Kilometer um einen Meter –, dass Wanderer ihnen ohne Anstrengung folgen können. Nur die Augen sind gelegentlich von den Aussichten in stille Täler und aufs Meer in der Ferne abzuwenden. Denn der Pfad ist schmal, stellenweise gerade mal 30 Zentimeter breit. Zudem verläuft er oft unmittelbar neben dem Abgrund, gesichert immerhin durch zwei Drahtseile. Und manches Mal holen tief hängende Äste, Schlaglöcher und rutschige Abschnitte träumende Wanderer jäh in die Realität zurück.
Neben der Weltenferne ist das hohe Maß an Abwechslung der größte Trumpf der Kanalwanderwege. Oftmals benötigen Wanderer eine Taschenlampe, um der Levada durch Tunnel zu folgen. Und unmittelbar leuchtet ein, warum die Unesco Madeiras Lorbeerwald zum Weltnaturerbe erklärte: Nicht nur, weil es solche Wälder außer auf Madeira nur auf den Azoren und den Kanaren gibt. Sondern gewiss auch, weil dieser Wald, dicht und immer- grün, kühl und erhaben, eine märchenhafte Landschaft bildet. Der größte ist er auch: 150 Quadratkilometer misst er und bedeckt als grüne Lunge der Insel heute noch 20 Prozent ihrer Fläche.
Madeira kann sie gebrauchen, denn die nicht allzu große Insel muss mit 235000 Einwohnern und sehr vielen Besuchern klarkommen. Das Klima, das sich 850 Kilometer südwestlich vom portugiesischen Festland ganzjährig mild und freundlich zeigt, lässt nicht nur exotische Wälder gedeihen und subtropische Gärten blühen, die das Kontrastprogramm zu langen Wandertouren in den Bergen bilden. Es lockt auch seit mehr als 100 Jahren Touristen auf die Atlantikinsel.
Dass die Sommer, in denen es normalerweise kaum mehr als 25 Grad warm wird, zuletzt untypisch heiß ausfielen, liegt auch an klimatischen Veränderungen. Häufiger als früher kommt es zu Waldbränden. Aber auch Brandstiftung kommt vor – wie im August 2016. Ausgebrannte Häuser und schwarze Felder über der Hauptstadt Funchal erinnern noch daran. Die Feuersbrunst kostete drei Menschen das Leben, zerstörte 200 Häuser und ein Hotel und
Brandstiftung vernichtete ein Lebenswerk
verursachte einen Schaden von 55 Millionen Euro. Der aus Sachsen stammende Biologe Adolf Schön, Neffe der Begründerin des Botanischen Gartens, stand nach dem Brand vor den Trümmern seines Lebenswerks. Über 4000 Orchideenarten blühten in seinem Garten. Sie wurden ebenso Opfer der Flammen wie sein Labor und die Bibliothek mit 30 000 Fachbüchern.
Heute führt Schön Urlauber durch Gärten, die das Feuer verschonte. Er tut das ohne Bitterkeit. Viel schneller als die an Muskelkater leidenden Wanderer erklimmt der Mittsiebziger die steilen Pfade des Tropischen Gartens von Monte. Nur Madeiras Lorbeerwald bestehe heute ausschließlich aus einheimischen Pflanzen, erklärt er. Gartensüchtige Engländer schleppten im 19. Jahrhundert ein, was die Kolonien hergaben: etwa den Eukalyptusbaum, der viel Wasser braucht, wie Zunder brennt und nach jedem Feuer stärker nachwächst. Schön deutet auf die australische Akazie, auf Mimosen und Liguster, auf all jene Pflanzen, die in den alten Gärten weiterwachsen dürfen, die man heute aber gezielt aus dem Lorbeerwald entfernt. Ihre Ausbreitung zu verhindern, ist seine Mission.