Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Liebesgrüße aus Korea
Atomkrise Der Diktator aus dem Norden und der Präsident aus dem Süden treffen sich im April. Bis dahin will Pjöngjang seine Atomtests aussetzen. Ein Experte erklärt, was Kim Jong Un mit seiner Charme-offensive bezwecken könnte
Peking Es ist ein Durchbruch in der nordostasiatischen Atomkrise: Im April wollen Nord- und Südkorea ein Gipfeltreffen in dem Grenzort Panmunjom abhalten, bestätigte die südkoreanische Regierung am Dienstag. Dabei sollen der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un und Südkoreas Präsident Moon Jaein direkt miteinander sprechen. Ziel der Gespräche sei eine Verringerung der Spannungen zwischen den Ländern. Nordkorea hatte in den vergangenen Monaten durch aggressive Aufrüstung die Angst vor einem Krieg geschürt.
Am Montag und Dienstag hatte der Sicherheitsberater des südkoreanischen Präsidenten, Chung Euiyong, in Pjöngjang mit Kim und seinen Spitzenbeamten gesprochen. „Der Norden hat den klaren Willen gezeigt, atomar abzurüsten“, sagte Chung nach seiner Rückkehr. Kim sei auch zu Gesprächen mit den USA über eine Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen bereit. Er wolle die Beziehungen zum Süden „energisch verbessern“. Für die Dauer der Verhandlungen seien die Atomtests bereits ausgesetzt. Wenn die Sicherheit des Regimes gewährleistet sei, dann brauche Nordkorea vielleicht „gar keine Kernwaffen mehr“, zitierte Chung den nordkoreanischen Machthaber.
Diktator Kim hatte in den vergangenen Jahren sowohl Atombomben als auch die passenden Interkontinentalraketen testen lassen. Seit Ende der Vierzigerjahre befinden sich beide Länder offiziell im Krieg. Den Norden beherrscht die Familie Kim als eine Art kommunistische Dynastie. Der Süden ist ein enger Verbündeter der USA und kapitalistisch-demokratisch verfasst.
Experten zufolge wird Nordkorea bei Gesprächen für Abrüstung hohe Gegenleistungen fordern. „Kim wird versuchen, das Maximum für sich herauszuholen“, sagte Narushige Michishita vom National Graduate Institute for Policy Studies in Tokio. Kims Ziel sei es, die Wirtschaftssanktionen wieder loszuwerden. In den vergangenen Monaten hatte sogar China den Warenverkehr mit Nordkorea gekappt. Kims Kriegstreiberei hatte die Regierung in Peking zutiefst verärgert. Kim will auch den Lebensstandard des Volkes heben – dafür hat er bereits vorsichtige Reformen zugelassen. Mit dem Gipfeltreffen kann er auf Wirtschaftshilfen hoffen. Am Ende wolle er beides haben: moderne Waffen und Handel mit dem Ausland. Das Kernwaffenprogramm sei Kims ganzer Stolz. „Wir können als Ergebnis der Gespräche realistisch gesehen allenfalls ein unbegrenztes Aussetzen neuer Tests erwarten“, so Michishita. Eine Verschrottung der Bomben und Zerstörung der Produktionsanlagen sei sehr unwahrscheinlich.
Präsident Moon hatte nach seinem Amtsantritt vor einem Jahr immer wieder die Hand nach Nordkorea ausgestreckt. Jetzt kann er mit dem geplanten Treffen einen außenpolitischen Erfolg verbuchen. Die Wende war möglich, weil Kim zu den Olympischen Winterspielen in
„Wir können als Ergebnis der Gespräche allenfalls ein unbegrenztes Aussetzen neuer Atomtests erwarten.“
Pyeongchang eine Kooperation angeboten hatte. Durch den Austausch von Delegationen war eine erste Kontaktaufnahme möglich, die dann zu Chungs Reise in den Norden führte. Ob Moon das Gesprächsangebot Kims annehmen würde, war zunächst fraglich, denn er steht im Inland wegen seines zu weichen Kurses gegen den Norden in der Kritik. Es gehört jedoch zum erklärten Programm des ehemaligen Menschenrechtsanwalts, durch Dialog auf ein atomwaffenfreies Korea hinzuarbeiten.
Us-präsident Donald Trump sah gestern Bewegung in dem Konflikt: „Wir haben Fortschritte erzielt, da gibt es keine Frage.“Er reklamierte die Fortschritte als einen Erfolg der USA. Trotz der Annäherung sprach Trump aber von einer weiterhin sehr gespannten Situation. Für China kann die Sache nicht befriedigend sein: Nordkorea setzt seine Alleingänge fort – erst mit den Atomtests, jetzt mit der Annäherung an den Süden und dem Gebrauch des Wortes „Wiedervereinigung“. Aber die Existenz eines weiteren sozialistischen Staates als Puffer zu Südkorea und Japan war den chinesischen Strategen immer wichtig.
Narushige Michishita, Nordkoera Experte