Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Bringt ein Millionendeal sinkende Müllgebühren?
Abfall Nach dem Ausscheiden des privaten Partners SE wird die Verbrennungsanlage in Lechhausen voraussichtlich finanzielle Vorteile haben. Ob davon auch die Bürger profitieren, ist ungewiss. Die Politik hält sich mit Versprechen zurück
Region Ein Millionendeal, mit dem die Stadt Augsburg und die Landkreise Augsburg und Aichachfriedberg vor drei Jahren den langjährigen privaten Partner „Schwäbische Entsorgung“(SE) aus der Abfallverwertungsanlage (AVA) herauskauften, könnte den Bürgern in der Region sinkende Müllgebühren bringen. Gestern stellten die Vertreter von Stadt und Kreisen mit einem Beschluss die ersten Weichen, damit die AVA finanziell von der Transaktion profitiert. Man werde 2019 sicher über die Preise diskutieren, die die AVA von ihren drei Eigentümern (Stadt und Landkreise) für angelieferten Müll verlangt, so der Aichacher Landrat und Ava-verwaltungsratsvorsitzende Klaus Metzger (CSU). Davon hängt ab, wie die kommunalen Abfallwirtschaftsbetriebe ihre Müllgebühren gegenüber den Bürgern kalkulieren. Mit Versprechungen hält sich die Politik aber zurück.
Hintergrund der Rekommunalisierung der AVA ist ein Bericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes aus dem Jahr 2008, der nach dem Aufkommen der damaligen Querelen in der AVA eingeschaltet worden war. Die Prüfer bemängelten, dass der frühere Gründungspartner SE, eine Tochter der Lechwerke, satte 6,5 Prozent Zinsen fürs Eigenkapital bekam. Zudem sei eine Anlage in komplett kommunaler Hand steuerlich besser dran, hieß es. Schrittweise wurde der Se-anteil von 49 Prozent auf null zurückgefahren. Stadt und Landkreise kauften die Anteile zurück. Die letzten 25 Prozent wurden zum 1. Januar 2015 dem Vernehmen nach für 7,5 Millionen Euro gekauft.
Dass es noch drei Jahre dauerte, bis klar ist, wie es weitergeht, liege daran, dass unter anderem steuerrechtliche Fragen geklärt werden mussten, so der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU). Die AVA soll ab 2019 ein Kommunalunternehmen (vergleichbar mit dem Klinikum) sein. Der Vorteil für die AVA: Sie muss künftig für die Müllentsorgung ihrer drei Eigentümer keine Umsatzsteuer (19 Prozent) mehr von den Abfallwirtschaftsbetrieben der Stadt und der beiden Landkreise verlangen. Momentan werden pro Gewichtstonne angeliefertem Restmüll um die 100 Euro fällig – also rund 80 Euro plus Steuer.
Dass der Wegfall der Steuer bei den Bürgern als Senkung der Müllgebühren ankommt, ist aber nicht gesagt. „Wir müssen in einem Jahr erst einmal sehen, wie sich die neue Situation auswirkt“, so Ava-verwaltungsratschef Metzger. Die Kalkulation der AVA hänge auch von der generellen Marktentwicklung ab. Zudem kalkuliere die AVA ihre Preise jährlich, die Abfallwirtschaftsbetriebe aber in längeren Zeiträumen. „Wir wollen ein ständiges Auf und Ab für die Bürger vermeiden“, so Metzger. Landrat Martin Sailer (CSU) und Augsburge Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) verweisen darauf, dass die Abfallwirtschaftsbetriebe auch investieren müssten. „Wir bieten heute mehr Service“, so Sailer. Möglicherweise werde es auch darauf hinauslaufen, dass die Ersparnisse bei der AVA es nur ermöglichen, die Gebühren stabil zu halten.
In den vergangenen Jahren waren die Müllgebühren in Augsburg und in der Region – nicht zuletzt aufgrund gesunkener Verbrennungspreise in der AVA – teils deutlich gesunken. In Augsburg gingen sie 2013 um 34 Prozent nach unten. Der Landkreis Augsburg, im regionalen Vergleich günstig, wird, wie berichtet, zum 1. Juli seine Gebühren erstmals seit Mitte der 1990erjahre etwas erhöhen.
Die Müllöfen in der AVA laufen auf vollen Touren. Knapp 250 000 Tonnen Müll aus der Region und umgebenden Landkreisen wurden dort 2016 verbrannt – so viel wie noch nie. Neben der brummenden Wirtschaft liegt das an steigenden Mengen aus dem Landkreis Landsberg und Nordschwaben. Zuletzt ging auch die Menge des angelieferten Biomülls um rund 50 Prozent nach oben. Das liegt an der Erweiterung der Bioabfallvergärungsanlage, wo Bioabfall in Gas umgewandelt wird, das ins Netz von Erdgas Schwaben eingespeist wird.