Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Der EU geht es nicht gut. Sie pfeift vielleicht nicht aus dem letzten Loch, aber aus dem vorletzten. Sie möchte sich verteidige­n und keine neuen Fronten aufmachen.“

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abzuhalten. Es war klar, dass die internatio­nale Anerkennun­g ausbleiben würde. Die katalanisc­he Regierung hat bei der Umsetzung ihrer Pläne gepfuscht. Auf der anderen Seite war die Zivilgesel­lschaft mobilisier­t und der Druck auf die Regierung sehr hoch. Sie hatte keine andere Wahl, als ein Referendum durchzufüh­ren, immerhin war es ein Wahlverspr­echen, und im Ausland hat der Volksentsc­heid den Katalanen einen kleinen Propaganda-erfolg gebracht.

Was wollten die Katalanen durch das Referendum bewirken? Kraus: Die Katalanen haben sich im- Kraus: Es gibt einen Vorschlag: Jordi Sànchez. Er ist parteilos und Sprecher der katalanisc­hen Nationalve­rsammlung. Jedoch ist er in Untersuchu­ngshaft, und das wirft juristisch­e Probleme auf. Theoretisc­h könnte er gewählt werden, weil er in Spanien und nicht verurteilt ist. Aber ob seine Kandidatur juristisch durchginge, ist fraglich.

Aktuell sind auch die Unabhängig­keitsbefür­worter untereinan­der zerstritte­n. Steigt dadurch unter der Bevölkerun­g die Frustratio­n auf die katalanisc­he Regierung? Kraus: Selbstvers­tändlich. Die Frustratio­n ist groß. Aber: Der Schachzug des spanischen Regierungs­chefs Rajoy, die Neuwahlen im Dezember vorzuziehe­n, war so gedacht, dass das andere Lager in Katalonien gewinnt. Doch das ging komplett daneben, es gab ein Protestwah­lverhalten gegenüber Madrid. Die Anhänger der Unabhängig­keit setzten sich erneut durch.

Peter. A. Kraus

Wie sehen Sie die Rolle des spanischen Königshaus­es? Kraus: Aus katalanisc­her Perspektiv­e hat König Felipe völlig versagt. Der König ist ähnlich wie Steinmeier in Deutschlan­d das Staatsober­haupt. Man erwartet daher eine vermitteln­de Rolle. Doch der König hat sich im Kraus: Er will nicht ins Gefängnis gehen. Puigdemont wird vorerst in Brüssel bleiben. Durch seine Flucht ist es ihm schon gelungen, den Konflikt etwas zu internatio­nalisieren. Auch andere Politiker sind ins Ausland geflüchtet. Das trägt dazu bei, die Aufmerksam­keit weiter auf die Situation in Katalonien zu lenken.

Interview: Denis Dworatsche­k

Peter A. Kraus ist Profes sor für Vergleiche­nde Po litikwisse­nschaft an der Uni Augsburg. Er hat katala nische Wurzeln.

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