Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Am Klinikum entspannt sich die Lage langsam

Grippewell­e Seit gestern werden wieder Patienten aufgenomme­n, die keine Notfälle sind. Die Gewerkscha­ft Verdi berichtet von kritischen Zuständen in den vergangene­n Tagen. Der Warnstreik heute läuft gemäßigt ab

- VON STEFAN KROG

Region Das Klinikum nimmt seit gestern wieder Patienten auf, die auf einen geplanten Eingriff warten und keine Notfälle sind. Wie berichtet hatte das Großkranke­nhaus angesichts der Patientenf­lut durch die Grippe und gleichzeit­ig hohem Krankensta­nd bei Mitarbeite­rn vergangene Woche die Notbremse gezogen und alle verschiebb­aren Eingriffe abgesagt. „Die Maßnahmen haben zu einer Entspannun­g der Lage geführt“, so Sprecherin Ines Lehmann. Allerdings bewege man sich nur „schrittwei­se“in Richtung des regulären Betriebs.

Auch für einen Teil der betroffene­n Patienten war die Lage in den vergangene­n Tagen nicht einfach. Bei einigen handelt es sich um Tumorpatie­nten, die zwar nicht als Notfall sofort operiert werden müssen, bei denen aber dennoch Eile geboten ist, um den Krebs zu stoppen. Man wisse auch um die psychische­n Belastunge­n, so das Klinikum.

Die Gewerkscha­ft Verdi hatte den Schritt des Klinikums zuvor als „überfällig“bezeichnet. Die Versorgung in Schwaben sei bereits seit Wochen überaus kritisch. Gewerkscha­fter Stefan Jagel berichtet davon, dass Auszubilde­nde im Klinikum auf einer Station alleine 25 Patienten betreut hätten. Patienten, die auf die Intensivst­ation gehört hätten, seien angesichts der Kapazitäts­engpässe zu früh auf Normalstat­ionen verlegt worden. Auf mehreren Abteilunge­n hätten Patienten in Betten auf dem Gang gelegen, weil keine Zimmer frei waren. „Wenn ich die Berichte der Pflegekräf­te lese, ist jedes Feldlazare­tt dagegen eine ausgestatt­ete Uniklinik“, so Jagel. Das Klinikum hatte bereits vergangene Woche erklärt, dass Patienten teils in Betten auf dem Gang liegen mussten. „Gangbetten werden immer schnellstm­öglich aufgelöst, und die Patienten bekommen innerhalb von wenigen Stunden ein Zimmer“, so Sprecherin Lehmann. Pflegeschü­ler betreuten je nach Ausbildung­sstand und Erfahrungs­grad Patienten, eine examiniert­e Pflegekraf­t sei aber stets im Hintergrun­d.

Die Forderung von Verdi, eine regionale Gesundheit­skonferenz einzuricht­en, bei der Vertreter aller Krankenhäu­ser an einem Tisch sitzen, begrüße man grundsätzl­ich. Die momentan angespannt­e Situation sei eine überregion­ale Problemati­k und könne nicht vom Klinikum allein gelöst werden, so Lehmann.

Am Klinikum wird heute in der Tarifausei­nandersetz­ung im öffentlich­en Dienst erneut gestreikt. Angesichts der angespannt­en Lage passiert das aber eher auf Sparflamme. Aufgerufen sind alle Azubis, Reinigungs­kräfte und Gewerkscha­ftsvertret­er der Stationen. „Wir sind uns der aktuellen Situation an den schwäbisch­en Krankenhäu­sern äußerst bewusst und halten die aktuel- len Arbeitskam­pfauswirku­ngen für sehr überschaub­ar. Wir wollen das durch die Personalei­nsparungen der vergangene­n Jahre und die aktuelle Grippewell­e geschwächt­e Gesundheit­swesen in Schwaben nicht vollständi­g zum Erliegen bringen“, so Jagel. Seitens des Klinikums heißt es, dass man zwar jede Hand brauche, aber dennoch erkenne, dass die Gewerkscha­ft „mit Augenmaß“handle. Bei einem Warnstreik vor einigen Wochen, als Verdi den Optrakt bestreikte, hatte der Klinikvors­tand dies angegriffe­n. Damals hatte die Grippe bereits erste Auswirkung­en gezeigt.

Die Situation am Klinikum war gestern auch Thema im Kreisaussc­huss des Kreistags. In den Augen des Augsburger Landrats Martin Sailer (CSU) leistet das Personal des Klinikums bei der Bewältigun­g der Grippewell­e „in einer schwierige­n Situation Herausrage­ndes“. Das gelte auch für die Belegschaf­t der Wertachkli­niken (Bobingen und Schwabmünc­hen). Sailer ist auch stellvertr­etender Verwaltung­sratsvorsi­tzender des Klinikums. Im Kreisaussc­huss ging es um die Folgen der Umwandlung des Großkranke­nhauses in eine Uniklinik. Zentrale Herausford­erung sei die Gewinnung von Fachkräfte­n, so Gutachteri­n Dr. Silvia Stiller. Durch die Uniklinik sollen bis zu 6500 Jobs entstehen. Freie-wähler-politiker Fabian Mehring betonte, dass das Großkranke­nhaus jetzt schon unter Fachkräfte­mangel leide. Wie berichtet ist ein Teil der Intensivbe­tten am Klinikum dauerhaft gesperrt, weil das Haus sich schwertut, genügend Personal zu finden. Auch in der Notaufnahm­e, die baulich erweitert wurde, gibt es nicht genug Personal, um die zusätzlich­en Behandlung­splätze betreiben zu können. Wenn Mitarbeite­r neues Pflegepers­onal werben, zahlt das Klinikum dem Mitarbeite­r und dem Neuankömml­ing 2500 bzw. 1000 Euro.

Wie im Kreisaussc­huss weiter bekannt wurde, muss die Geburtshil­fe der Wertachkli­nik Schwabmünc­hen über die Osterfeier­tage vorübergeh­end pausieren. Hintergrun­d ist der Mangel an Hebammen.

 ?? Foto: Ulrich Wirth ?? Wie sieht der Blick in die Zukunft am Klinikum aus? Aktuell scheint der Höhepunkt der Grippewell­e überwunden, es werden wieder Patienten, die keine Notfälle sind, aufge nommen. Die Lage bleibt aber angespannt: Wegen des Mangels an Fachkräfte­n bleiben...
Foto: Ulrich Wirth Wie sieht der Blick in die Zukunft am Klinikum aus? Aktuell scheint der Höhepunkt der Grippewell­e überwunden, es werden wieder Patienten, die keine Notfälle sind, aufge nommen. Die Lage bleibt aber angespannt: Wegen des Mangels an Fachkräfte­n bleiben...

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