Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie die Zukunft für MAN Diesel & Turbo aussehen kann
Hintergrund Passt der Großmotoren-hersteller auf Dauer zu Volkswagen? Analysten sind sich da nicht so sicher
Augsburg Was passiert langfristig mit dem Großmotoren- und Maschinenbau von MAN? Diese Frage steht im Raum, seit Volkswagen am Montag bekannt gegeben hat, die Lkw-sparte börsenfähig zu machen und den Maschinenbau-bereich MAN Diesel & Turbo dem Vwkonzern zu unterstellen. Denn wenige Tage zuvor hatte der neue Vwchef Herbert Diess angekündigt, Optionen für alle Bereiche zu prüfen, die nicht zum Kerngeschäft gehören. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagen Analysten, dass Diesel & Turbo wie auch der Getriebespezialist Renk sicher nicht zum Kerngeschäft gehören.
Dass sich VW eines Tages von Geschäftsfeldern trennen könnte, das ist für Frank Schwope, Analyst der Nordlb durchaus denkbar: „Volkswagen ist mit seinen zwölf Marken sehr komplex geworden“, sagt er. Der Konzern habe neben dem Auto-geschäft viele Randbereiche, zu denen der Motorrad-hersteller Ducati, das Lkw-geschäft mit MAN und Scania und der Maschinenbaubereich mit Diesel & Turbo und Renk gehören.
„Ich kann mir vorstellen, dass ein neuer Versuch gestartet wird, Ducati zu veräußern“, sagt Schwope. Ein erster Verkaufsversuch war Berichten zufolge an den Eigentümerfamilien Piëch und Porsche gescheitert. „Auch für Diesel & Turbo und Renk ist es für mich vorstellbar, dass sie eines Tages zur Disposition stehen“, sagt Schwope. Sollte es soweit kommen, könne dieser Prozess schnell gehen. Falls es bereits Vorbereitungen gibt, könne dies innerhalb von Quartalen geschehen. Auch Automobil-analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler denkt, dass sich VW von seinen Maschinenbau-töchtern verabschieden könnte.
„Ich denke, dass VW den Manmaschinenbau und Renk verkaufen will – die Wahrscheinlichkeit spricht dafür“, sagt Pieper. „Ein gigantischer Tanker wie VW mit einem Umsatz von 230 Milliarden Euro ist kaum mehr zu steuern“, sagt er. „Da ist es logisch und nachvollziehbar, dass man auch einmal über Verkäufe nachdenkt.“Jahrelang sei es bei VW darum gegangen, um jeden Preis zu wachsen. Seit der Einfluss des Patriarchen Ferdinand Piëch nicht mehr so groß zu sein scheint, sei der Gedanke erlaubt, ob man nicht auch Geschäftsbereiche verkaufen könnte – sei es an einen Finanzinvestor, sei es an Aktionäre. Für schlimm hielte Pieper dies nicht: Eine Änderung brächte zwar zuerst Unsicherheit, „die Zukunft unter einer anderen Regie kann aber auch besser sein“, betont Pieper.
Mit schnellen Änderungen für Diesel & Turbo und Renk rechnet Auto-analyst Marc-rené Tonn von Warburg Research indes nicht. „VW sagt selbst, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen“, erklärt er. Dies kann die Suche nach einem Partner sein, ein Joint Venture oder ein Börsengang. „Nichts ist beschlossen, nichts ist ausgeschlossen“, meint Tonn. „VW will nichts über das Knie brechen.“Zudem sieht er eine gute Zukunft für die Maschinenbau-sparten: „Der Geschäftsbereich war erfolgreich und kann wieder sehr erfolgreich sein, wenn sich das Marktumfeld erholt.“Die Tochter Renk ist auch heute hochrentabel; MAN Diesel & Turbo litt zwar unter Überkapazitäten in der Fracht-schifffahrt und der Flaute in der Öl- und Gas-förderung, allerdings läuft das Geschäft mit Kraftwerksmotoren gut, der Schiffsbereich erholt sich.
Dass Diesel & Turbo kurzfristig verkauft wird, hatte auch Lkwspartenchef Andreas Renschler am Montag in München ausgeschlossen. Und bei der IG Metall geht man bisher davon aus, dass sich im Vwaufsichtsrat keine Mehrheit für einen Verkauf findet, da die Arbeitnehmervertreter dies ablehnten. Das deckt sich mit Informationen unserer Zeitung aus dem Vw-konzern selbst.
VW selbst äußert sich bisher sehr allgemein über die Zukunft seiner Töchter: „Der Konzern hat mit seinem Zukunftsprogramm ,Together – Strategie 2025‘ eine konsequente Fokussierung auf die zentralen Zukunftsthemen eingeleitet“, teilt VW auf Anfrage mit. „Dabei wurde auch angekündigt, das bestehende Geschäftsportfolio mit Blick auf mögliche Optimierungen zu prüfen.“Gebe es Entscheidungen, wolle man die Öffentlichkeit informieren.
Gegen einen schnellen Verkauf von MAN Diesel & Turbo spricht auch ein letzter Punkt, heißt es in Firmenkreisen. Diesel & Turbo ist nämlich Teil der börsennotierten MAN SE. Und diese gehört VW nur zu knapp 76 Prozent. Über 24 Prozent der Papiere sind in Streubesitz. Für diese Aktionäre müsste erst eine Lösung gefunden werden.