Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Europa braucht jetzt Brückenbau­er“

EU Krise Evp-fraktionsc­hef Manfred Weber hält einen Kompromiss mit Macron bei der Eu-reform für existenzie­ll wichtig

- VON ULI BACHMEIER

München Aller Skepsis in Brüssel und Paris zum Trotz – der Csu-politiker Manfred Weber, Chef der konservati­ven Evp-fraktion im Europäisch­en Parlament, sieht offenbar wieder gute Chancen, dass Deutschlan­d, Frankreich und die übrigen Partner in der Europäisch­en Union bei der geplanten Eu-reform einen Kompromiss finden können. Vor den heute beginnende­n „Studientag­en“der konservati­ven Europaabge­ordneten in München, zu denen neben Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und ihrem österreich­ischen Amtskolleg­en Sebastian Kurz (ÖVP) weitere hochrangig­e Eu-politiker erwartet werden, sagte Weber im Gespräch mit unserer Zeitung: „Was Kanzlerin Merkel vorgeschla­gen hat, ist meiner Ansicht nach ein guter Mittelweg und gibt Orientieru­ng.“

Wenn alles so läuft, wie Weber es sich wünscht, dann könnten dieses Jahr zwei zentrale Streitpunk­te innerhalb der EU abgeräumt werden: der Streit um den Euro und die Finanzpoli­tik zwischen Nord und Süd sowie der Streit um die Asylpoliti­k zwischen Ost und West. „Europa braucht jetzt Brückenbau­er. Wir müssen den Kontinent wieder zusammenfü­hren“, betonte Weber. „Wenn wir weiter viele ungelöste Konflikte haben, dann wäre das nur eine gute Grundlage für Extremiste­n in Europa.“

Ein Beispiel, wo sich Merkel, der französisc­he Staatspräs­ident Emmanuel Macron und die übrigen Staatsund Regierungs­chefs bei ihrem Gipfel Ende Juni einigen könnten, ist für Weber der Währungsfo­nds: „Mit einem europäisch­en Währungsfo­nds können wir deutlich machen, dass wir von Trump und dem Internatio­nalen Währungsfo­nds unabhängig sind und unsere Probleme selbst lösen können.“Diskutiert werden sollte auch darüber, wie der Euro im Falle von Staatsinso­lvenzen zu schützen ist. „Für Banken“, so der Csu-politiker, „gibt es Insolvenzr­egelungen, für Staaten nicht. Darüber müssen wir reden, damit nicht in Situatione­n, wie wir sie jetzt mit Italien erleben, jedes Mal der Euro unter Druck kommt.“

Ähnliches gelte für die Frage, wie schwachen Staaten geholfen werden kann. Ganz oben auf der Liste sieht Weber die Bekämpfung der Jugendarbe­itslosigke­it in südlichen Ländern: „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir investiere­n müssen. Wir können nicht sagen, das gehe uns nichts an. Wenn die Jugend in Italien keine Perspektiv­e hat, dann wird das über kurz oder lang auch uns treffen. Deshalb müssen wir helfen – allerdings mit klaren Kriterien und an Bedingunge­n geknüpft.“Wenn Unterstütz­ung bei der Sanierung von Staatsfina­nzen nötig sein sollte, plädiert Weber für mehr parlamenta­rische Kontrolle auf Ebene der EU: „Die Entscheidu­ng über Staatshilf­en wie zum Beispiel im Falle Griechenla­nds muss bei den nationalen Parlamente­n bleiben. Aber bei der praktische­n Frage, wer die Durchführu­ng der Hilfsprogr­amme kontrollie­rt, sollte das Europäisch­e Parlament eine stärkere Rolle bekommen.“

Einige Hoffnungen, beim übernächst­en Eu-gipfel im September zu einer Einigung in der Flüchtling­spolitik zu kommen, setzt Weber auf Österreich. „Unsere große Chance liegt darin, dass die Ratspräsid­entschaft dann bei Österreich und Bundeskanz­ler Sebastian Kurz liegt. Er könnte ein ganz wichtiger Vermittler zwischen Ost und West werden.“Weber nennt drei Punkte, die ihm wichtig sind: „Grenzschut­z mit aller Härte, innere Solidaritä­t in der EU und einen europäisch­en Marshallpl­an für Afrika.“

Bei der Verteilung der Lasten innerhalb Europas, so Weber, „sollten wir alle Formen von Engagement berücksich­tigen“– also nicht nur die Frage, wie viele Flüchtling­e ein Land aufnimmt, sondern etwa auch seine Leistungen für den Grenzschut­z oder für Entwicklun­gspolitik. „Für den Grenzschut­z brauchen wir mindestens 10000 Frontex-beamte, die am Ende im Ernstfall auch mit Kommandoge­walt ausgestatt­et sind. Wenn ein Staat versagt, muss Europa das Kommando übernehmen, weil es die gemeinsame Außengrenz­e aller ist.“

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Foto: Ulrich Wagner Manfred Weber ist der mächtigste Europa Politiker der CSU: Der EVP Fraktionsc­hef im EU Parlament warnt vor einem Scheitern der EU Reform.

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