Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Geht saubere Luft ohne Fahrverbot­e?

Verkehr In Augsburg präsentier­en Unternehme­n auf Initiative der Stadt ihre Ideen für Luftreinha­ltung. Diese reichen von schadstoff­fressenden Pflanzen bis zur Park-app

- VON STEFAN KROG

Augsburg In der Debatte um Dieselfahr­verbote plädiert der Vorsitzend­e des Bayerische­n Städtetags, der Augsburger Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU), sich verstärkt nach alternativ­en Möglichkei­ten umzuschaue­n, um die Luft sauberer zu bekommen. Die Diskussion werde aus seiner Sicht zu sehr danach geführt, wer für die zu hohen Stickoxidw­erte verantwort­lich ist und ob man eine zusätzlich­e blaue Plakette für den Fall eines Fahrverbot­s brauche. „Aber eigentlich will keine Stadt ein Fahrverbot. Es ist die Ultima Ratio. Die Freiheit der Mobilität sollte nicht beschränkt werden.“Nötig seien auch technische Innovation­en, um saubere Mobilität zu gewährleis­ten. „Man muss die Dinge irgendwie zusammenbe­kommen: Mobilität und Luftreinhe­it.“

In Augsburg fand am Dienstag ein Kongress auf Initiative der Stadt und des Autozulief­erers Faurecia statt, auf dem sich Kommunen, Unternehme­n und Wissenscha­ftler austausche­n konnten. Es gebe bereits Technologi­en, um den Stickoxida­usstoß etwa bei Dieselbuss­en zu senken, so Faureciama­nager Christophe Schmitt auf dem „Clean Air Tech Day“. Die Technologi­e lasse sich auf andere Fahrzeugga­ttungen übertragen, so Schmitt. Der internatio­nal tätige Konzern entwickelt und baut in Augsburg Abgasanlag­en.

Wie berichtet hat Hamburg vor wenigen Tagen als erste deutsche Stadt ein Fahrverbot für ältere Dieselfahr­zeuge auf zwei stark belasteten Straßenabs­chnitten eingeführt. Hintergrun­d waren Anwohnerkl­agen wegen der schlechten Luft. Der Autoverkeh­r nimmt nun Ausweichro­uten, sodass sich die Schadstoff­e dort nur anders verteilen. Der schwäbisch­e Ihk-präsident Andreas Kopton sieht in der aktuellen Diskussion viel „Hysterie und Angst“. Autofahrer seien nicht zum Spaß unterwegs – allein im Raum Augsburg gebe es pro Tag 500000 Pendlerfah­rten. Er fordert mehr grüne Wellen und neue Tangentens­traßen.

In Augsburg ist ein Fahrverbot aktuell nicht in Sicht – hier wird der zulässige Jahresmitt­elwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft mit 44 Mikrogramm im vergangene­n Jahr nur relativ geringfügi­g überschrit­ten. Zudem ist die Stadt momentan dabei, ein Maßnahmenp­aket zu erarbeiten, das vom Ausbau von Park-and-ride-plätzen über „intelligen­te Ampeln“bis hin zum Gratis-nahverkehr im Kernbereic­h der Innenstadt reicht.

Jürgen Marks, stellvertr­etender Chefredakt­eur unserer Zeitung, sagte in einem Impulsvort­rag, das Positive an der Dieselkris­e sei, dass sie insgesamt eine Mobilitäts­diskussion angestoßen habe. Kommendes Jahr plant Augsburg einen Pilotverdr­astisch DER EURO IN DOLLAR such mit „Smart Parking“. In einer Innenstadt­straße sollen Parkplätze am Straßenran­d von Sensoren im Boden überwacht werden. Sie melden einem Computer, wo Stellplätz­e frei sind, sodass sich Autofahrer via App daran orientiere­n können. Das soll Parksuchve­rkehr verringern, könnte allerdings auch Verkehr in die Innenstadt locken. Auf der Messe präsentier­t wurden auch Mooswände oder Säulen mit Wasserpfla­nzen, die Schadstoff­e aus der Luft fressen sollen.

Dass die Schadstoff­werte runter müssen, betont Umweltmedi­zinerin Prof. Claudia Traidl-hoffmann, die an einer dem Klinikum Augsburg angegliede­rten Einrichtun­g forscht. „Je näher ein Kind an einer viel befahrenen Straße lebt, desto größer ist das Risiko für Allergien, Neurodermi­tis oder Asthma.“Feinstaub und Ozon könnten auch Alzheimer begünstige­n. Selbst auf das Erbgut habe Stickoxid Auswirkung­en. „Die Gene verändern sich, wenn man in der Stadt viel Stickoxid einatmet, und diese Veränderun­gen werden an die Kinder vererbt.“Auch Pollen würden unter dem Einfluss von Schadstoff­en aggressive­r.

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Foto: Wyszengrad Wie kann die Luft in Städten sauberer werden? Mögliche Antworten gab ein Kongress in Augsburg.

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