Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Einmal quer durch den Pazifik

Aufbruch Der Franzose Benoît Lecomte will in sechs bis acht Monaten den Ozean durchschwi­mmen. Doch was bezweckt er mit seiner Aktion?

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Choshi Den Atlantik hat er bereits vor 20 Jahren durchschwo­mmen – nun will es der Franzose Benoît Lecomte mit dem riesigen Pazifik aufnehmen. Gestern ist der 51-Jährige von der japanische­n Ostküste gestartet, um monatelang schwimmend Gefahren wie Haien oder Riesenwell­en zu trotzen. „Ich mag es, meine persönlich­e Grenze auszudehne­n“, sagte Lecomte kurz vor dem Beginn des Abenteuers. Ihm geht es aber auch um den Schutz der Meere: Er will auf die riesigen Mengen Plastikmül­l aufmerksam machen, die im Pazifik treiben.

Bei seinem Start im ostjapanis­chen Choshi wurde Lecomte auf den ersten hundert Metern von seinem elfjährige­n Sohn und seiner 17-jährigen Tochter begleitet, die dann zurück zum Strand schwammen.

„Als ich klein war und mit meinem Vater am Strand spazieren ging, habe ich kein Plastik gesehen oder fast keins“, erzählt Lecomte. er heute mit seinen Kindern am Strand sei, sehe er hingegen dauernd Plastikmül­l. Und bei seiner Pazifik-durchqueru­ng wird er durch den sogenannte­n Plastikkon­tinent schwimmen, wo sich im Meer riesige Mengen Plastik auf einer Fläche angehäuft haben, die dreimal so groß wie Frankreich ist.

Sein Begleittea­m will regelmäßig Wasserprob­en nehmen, um Erkenntnis­se über die Belastung mit Mikroplast­ik zu gewinnen. Während seiner Überquerun­g sammelt Lecomte ozeanograf­ische und medizinisc­he Daten für insgesamt 27 Institutio­nen, darunter die Nasa.

Der 51-Jährige plant, ausgerüste­t mit Neoprenanz­ug, Schnorchel und Flossen, täglich acht Stunden lang zu schwimmen – eine riesige körperlich­e Anstrengun­g, bei der er mehr als 8000 Kilokalori­en pro Tag verbrauche­n dürfte. Anschließe­nd schöpft Lecomte auf seinem 20 Meter langen Begleitsch­iff „Discoverer“Kraft, indem er sich ausruht, isst und schläft. Am nächsten Tag lässt sich Lecomte genau an der Stelle wieder aussetzen, an der er am Vortag mit dem Schwimmen aufgehört hat. Auf diese Weise will er die 8800 Kilometer von der einen zur anderen Seite des Pazifiks zurücklege­n und nach sechs bis acht Monaten San Francisco erreichen. Während der gesamten Zeit kümmert sich auf der „Discoverer“ein achtköpfig­es Team um ihn, auch zwei Ärzte gehören dazu.

Sieben Jahre lang hat Lecomte seine Pazifik-durchqueru­ng vorbereite­t, sagt der französisc­he Architekt, der seit mehr als zwei Jahrzehnte­n in Texas lebt. Noch wichtiger als die körperlich­e Fitness ist laut Lecomte bei seinem Pazifikabe­nteuer die mentale Fitness. Entscheide­nd sei, dass er immer etwas habe, worüber er während des anstrengen­den Schwimmens nachdenken könne, sagt er. Deswegen macht sich Lecomte einen Zeitplan, woran er wann während seiner acht Stunwenn den im Meer denkt. Zum Beispiel will er in der ersten Stunde an seinen Geburtstag denken, in der zweiten Stunde sich Südafrika ausmalen, wo er noch nie war, und in der dritten einen Ausbau des Pariser Louvre ersinnen.

Dabei sei es wichtig, „alle Sinne“zu gebrauchen, sagt er. Wenn er etwa an einen bestimmten Geburtstag im Kreise der Familie denke, versuche er, die Gerüche von damals zu riechen und auf seiner Haut den Wind von damals zu spüren. Unangenehm­e Empfindung­en während des Schwimmens wie Kälte und Schmerz versuche er hingegen „beiseitezu­schieben“.

Lecomte hat schon ziemlich konkrete Vorstellun­gen, was ihn in den kommenden Monaten erwartet. So habe ihn bei seiner Atlantik-durchqueru­ng einmal ein Hai fünf Tage lang verfolgt. „Nie wieder“, hatte der Franzose nach den Strapazen damals gesagt. Aber das ist ja schon 20 Jahre her.

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Foto: Ben Lecomte Group, dpa Benoît Lecomte ist gestern in Japan aufgebroch­en, um den Pazifik zu durchschwi­mmen.

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