Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Rauchmelder halten die Feuerwehr auf Trab
Brandschutz Seit diesem Jahr ist der Einbau der Geräte in Wohnungen gesetzlich vorgeschrieben. In Augsburg führt dies auch zu vermehrten Fehlalarmen. Die Berufsfeuerwehr ist trotzdem froh über die Pflicht
Beobachtern bot sich vor gut zwei Wochen am Gerichtsgebäude nahe des Theaters ein zunächst dramatisch wirkendes Bild. Feuerwehrautos, die vor dem Gebäude parkten; Angestellte der Justiz, die es verlassen mussten; Polizisten, die etwas in ihre Funkgeräte murmelten. Dazu Passanten, die sich fragten, was los war. Ein schwerer Brand in dem alten Bau? Ein Gerichtsverfahren, das aus dem Ruder gelaufen war? Die Einsatzkräfte wirkten freilich ziemlich gelassen, was nicht recht zur Szenerie zu passen schien.
Tatsächlich war die Lage harmlos. Eine Brandmeldeanlage war ausgelöst worden und hatte automatisch die Leitstelle der Feuerwehr alarmiert. Die rückt in solchen Fällen mit einem „Löschzug“aus, der aus mehreren Wagen besteht. Doch ein Feuer ausgebrochen war nicht. Es handelte sich um einen Fehlalarm, was kein Einzelfall in der Stadt ist. Es kommt vor, dass die Feuerwehr mehrfach täglich zu Einsätzen fährt, die sich im Nachhinein als unnötig erweisen. Aktuelle Zahlen der Stadt gibt es noch nicht, aber Maßstäbe aus der Vergangenheit. Gut 5000 Mal rückt die Feuerwehr jedes Jahr zu Einsätzen aus. Etwa zehn bis zwölf Prozent seien Brandeinsätze, sagt Friedhelm Bechtel, Sprecher der Feuerwehr. 2013 beispielsweise gab es laut statistischem Jahrbuch der Stadt in 714 Fällen einen Feueralarm, bei dem sich später herausstellte, dass nichts in Flammen stand.
Eher unwahrscheinlich, dass es seither weniger wurden. Zwar sei die Zahl der Fehlalarme durch automatische Brandmeldeanlagen eher rückläufig, wie Friedhelm Bechtel berichtet. Dafür jedoch steigen die Einsätze wegen privater Rauchmelder, und das offenbar deutlich. Seit 2018 gebe es eine gefühlte Steigerung von Fehleinsätzen um vielleicht 20 Prozent, sagt Bechtel. Das einen naheliegenden Grund. Seit diesem Jahr nämlich müssen alle Wohnungen und Wohnhäuser im Freistaat mit Rauchmeldern ausgestattet sein. Diese senden kein direktes Signal an die Leitstelle, wie es die 584 automatischen Brandmeldeanlagen in der Stadt tun, die zum Beispiel in öffentlichen Gebäuden, Firmen, Krankenhäusern und Seniorenheimen verbaut sind. Stattdessen ertönt ein Piepsen, wenn es qualmt. Das schrille Geräusch soll Bewohner auf ein mögliches Feuer aufmerksam machen.
Grundsätzlich hält man bei der Feuerwehr viel von den Geräten und dem Gesetz, das ihren Einbau zur Pflicht macht. Bei allen bisherigen Todesfällen durch Brandrauch, habe es keine Rauchwarnmelder gegeben, sagte Bechtel bereits Ende des vergangenen Jahres. Bei der Augsburger Berufsfeuerwehr kann man daher auch mit den vermehrten Einsätzen aufgrund von Fehlalarmen gut leben. „Wir sind froh, dass es diese Pflicht gibt“, sagt Bechtel heute. Die Rauchmelder retteten Leben, und grundsätzlich fahre man ein paar Mal zu oft raus als einmal zu spät.
Erst am Dienstagmorgen gab es wieder einen Fall, in dem ein Rauchmelder womöglich Schlimmeres verhinderte: In der Haunstetter Straße hörten Anwohner gegen 4.30 Uhr zwei der Geräte piepsen, klopften an der Haustür ihres Nachbarn, und riefen die Feuerwehr, als niemand öffnete. Die Feuerwehrleute öffneten die Wohnungstür und brachten einen Mann in Sicherheit, der in der verqualmten Wohnung so tief geschlafen hatte, dass ihn auch das schrille Geräusch der Warnmelder nicht weckte.
An der Grenze der Belastbarkeit sei man wegen der gesetzlichen Pflicht nicht, sagt Bechtel. In ländlichen Regionen und kleineren Städten sei die Lage möglicherweise aber eine andere. Dort sind in der Regel ausschließlich Freiwillige Feuerhat wehren für den Brandschutz zuständig – vorrangig Ehrenamtliche also, die für Einsätze von ihren Arbeitgebern freigestellt werden. In Badenwürttemberg, wo die Rauchmelderpflicht bereits vor einigen Jahren eingeführt wurde, klagte der Chef der Freiwilligen Feuerwehr Donaueschingen 2017, er fürchte die Demoralisierung seiner Leute, wie der
Südkurier damals berichtete. Jeder vierte Einsatz sei umsonst, sagte er.
Betreiber von gewerblich genutzten Objekten müssen in Augsburg 500 Euro bezahlen, wenn es einen Fehlalarm gab. Hausbesitzer sollen so dazu gebracht werden, ihre Anlage technisch auf dem aktuellen Stand zu halten. Wenn jemand privat die 112 wählt und sich der Feuerwehreinsatz als unnötig herausstellt, kostet das den Anrufer nichts – außer, es liegt offensichtliches Fehlverhalten vor. Dass jemand absichtlich die Feuerwehr ruft, obwohl es nicht brennt, kommt in Augsburg selten vor. »Kommentar