Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Das Schaf aus dem Keller gibt Rätsel auf
Fund Die Feuerwehr brachte das Jungtier ins Tierheim. Jetzt hat es einen neuen Namen, aber keinen Besitzer
Wie kommt ein junges Schaf auf die Kellertreppe eines großen Wohnhauses? Und vor allem: Wem gehört es? Diese Fragen versucht man im Augsburger Tierheim seit Tagen zu klären. Das Kamerunschaf Cinderella wurde dort vor mehr als einer Woche von der Gersthofer Feuerwehr abgegeben. Sabina Gaßner vom Tierschutzverein sagt: „Es ist ein kurioser Fall.“
Gefunden wurde das Kamerunschaf mitten in Gersthofen in einem großen Mehrfamilienhaus, das außen eine Kellertreppe hat. Das war am 26. Mai. Wie die Feuerwehr nun mitteilt, benachrichtigten Anwohner die Einsatzkräfte. Diese brachten das herrenlose Schaf ins Augsburger Tierheim. Dort hat es inzwischen einen Namen bekommen: Cinderella. Den Besitzer konnte man bislang aber nicht ermitteln, und das, obwohl mit großem Aufwand nach ihm gesucht wurde. „Wir haben den Fall auf Facebook gestellt und bei Schafhaltern angerufen“, sagt Sabina Gaßner, Geschäftsführerin des Tierschutzvereins. „Normalerweise haben wir mit solchen Recherchen schnell Erfolg.“Doch diesmal: Fehlanzeige. Es hat sich auch niemand gemeldet, der ein Schaf vermisst.
Das Problem ist, dass Cinderella keine Ohrmarke hat. Damit wäre sie schnell zu identifizieren. Gaßner sagt, dass für Schafe eine Kennzeichnungspflicht besteht, so wie für andere landwirtschaftliche Nutztiere, die streng überwacht werden. Der Besitzer müsse das Tier beim Veterinäramt und bei der sogenannten Seuchenkasse anmelden. Das gelte auch für Hobbyhalter. Cinderella ist aber noch sehr jung. Ihr Alter wird auf drei bis vier Monate geschätzt. Die Kennzeichnungspflicht gilt in der Regel erst ab neun Monaten.
Cinderella ist kein Schaf mit einem wolligen Fell. Sie hat kurze dichte Haare, wie es bei Kamerunschafen üblich ist. Diese Rasse stammt von Mufflons ab, die ursprünglich in Südeuropa und Vorderasien heimisch waren. Kamerunschafe gelten als robust und genügsam. Deshalb werden sie oft von Wanderschäfern in der Landschaftspflege eingesetzt. Die Rasse wird auch von Liebhabern gehalten. Wo Cinderella herkommt, ist bislang ein Rätsel. „Vieles ist möglich“, sagt Gaßner. Entweder sei das Schaf unbemerkt weggelaufen, oder jemand habe es sich als „frisches Grillgut“gekauft. Denkbar sei auch, dass jemand das Jungtier unbedacht auf einem Markt erstanden habe und daheim nichts mehr damit anfangen konnte. Den Transport mit der Feuerwehr hat Cinderella gut überstanden. Sie sei noch sehr scheu, sagen die Pfleger im Tierheim. Doch sie frisst gut. Nun wohnt sie in einem kleinen Stall mit Grünfläche im Bereich für die Wildtiere. Dort kann sie aber nicht länger bleiben. Schafe brauchen Gesellschaft. Wenn sich bis nächste Woche kein Besitzer meldet, soll Cinderella an eine neue Herde abgegeben werden. Falls das nicht klappt, wird sie zu den Krainer Steinschafen des Tierschutzvereins auf Gut Morhard in Königsbrunn umziehen.
Wie Cinderella zu ihrem Namen kam? „Die junge Schafdame wurde stiefmütterlich behandelt“, sagt Tierpflegerin Andrea Strauß – so wie Aschenbrödel im Märchen.