Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Jetzt geben die Ladys die Gangster
Ocean’s 8 Stilvoll planen acht gerissene Frauen ihren raffinierten Diamantenraub im Metropolitan-museum. Hollywood bietet eine Starbesetzung für eine coole Bande auf. Das Drehbuch könnte aber noch mehr Biss haben
Auf einen weiblichen James Bond müssen wir wahrscheinlich noch das ein oder andere Jahrzehnt warten, aber „Ocean’s 8“macht schon einmal vor, wie so eine Machtübernahme in einem männerdominierten Genre aussehen könnte. In der Gattung des Heist-movies, in dem es darum geht, einer stilvollen Schar von Gangstern bei der Planung und Durchführung eines möglichst raffinierten Raubs zuzuschauen, waren Frauen bisher zumeist nur als attraktive Minorität zugelassen.
Das galt auch für Steven Soderberghs „Ocean“-filme. Zwar hatten Julia Roberts und Catherine Zeta Jones hier durchaus markante Auftritte, aber die eigentliche Show gehörte der coolen Jungsbande rund um George Clooney, Brad Pitt und Matt Damon. Nun hat Regisseur Gary Ross zusammen mit Drehbuchautorin Olivia Milch ein weibliches Spin-off aus dem erfolgreichen entwickelt. Sandra Bullock spielt Debbie Ocean, die Schwester von Clooneys Danny Ocean, und diese steht dem verstorbenen Bruder in Sachen krimineller Energie in nichts nach. Fünf Jahre hat sie wegen Betruges hinter Gittern verbracht. In der richterlichen Anhörung gelingt es ihr nun mit einer rührenden Ansprache, auf Bewährung freizukommen.
Debbie hat ihr Handwerk im Knast nicht verlernt und die Zeit genutzt, um einen ganz großen Coup auszuhecken. Ein drei Kilo schweres Diamant-collier im Wert von 150 Millionen Dollar steht auf der To-do-liste. Das Schmuckstück soll auf der Benefiz-gala des New Yorker Metropolitan-museums entwendet werden – ein Event mit extrem hoher Promi-dichte und noch höheren Sicherheitsvorkehrungen. Zunächst wendet sich Debbie an ihre alte Freundin Lou (Cate Blanchett) und wie im Genre üblich folgt eine unterhaltsame Rekrutierungsphase der ausnahmslos weiblichen Komplizinnen.
An einem Punkt schlägt Lou einen Mann als kriminellen Teamkollegen vor, aber Debbie bügelt die Angelegenheit gleich ab. Ein „Er“ziehe automatisch die Aufmerksamkeit auf sich, während eine „Sie“ignoriert werde: „Und dieses eine Mal wollen wir wirklich ignoriert werden.“Von solchen feministischen Sticheleien hätte „Ocean’s 8“durchaus noch mehr vertragen können. Im Großen und Ganzen stützt sich der Film auf die Besonderheit, dass hier ein Frauenensemble allein den Ton angibt. In der Tat ist – ähnlich wie bei den männlichen „Ocean“-pendants – die Besetzung das Hauptpfund dieses Projektes. Cate Blanchett erstrahlt als coole Rockerbraut mit blondiertem Keith-richards-haarschnitt, Sarah Paulsen gibt die Vorstadtmutti mit Hehler-nebengewerbe, R&b-sänmarkenprodukt gerin Rihanna die Computerhackerin, die Rapperin Awkwafina eine versierte Taschendiebin, die Komödiantin Mindy Kaling die Diamantenspezialistin und die wunderbare Helena Bonham Carter eine Modedesignerin in Geldnöten.
Mit akribischer krimineller Energie arbeitet das Team an der Unterwanderung des glamourösen Events, wo das Schmuckstück am Hals der ahnungslosen Schauspielerin Daphne Kluger (Anne Hathaway) gegen ein Replikat aus dem 3D-drucker eingetauscht werden soll. Hathaway spielt mit Genuss den vermeintlich naiven Narzissmus der eitlen Filmdiva aus, um dann in einem grandiosen Moment die Fassade ihrer Figur genüsslich zu zerbröseln. Dieses ironische Spiel mit weiblichen Stereotypen kommt im Chor der Komplizinnen leider zu kurz. Hier fehlt es dem Film deutlich an satirischem Biss, aus der Umkehrung der Geschlechtermachtverhältnisse feministisches Kapital zu schlagen.