Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

CDU und Linksparte­i: Eine lausige Idee

Debatte Schleswig-holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther hält eine Koalition seiner Christdemo­kraten mit den Erben der Sed-diktatur für denkbar. Er bricht damit ein Tabu, für das es gute Gründe gibt

- BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger allgemeine.de

Im tiefroten Bereich gezündelt, sich tüchtig die Finger verbrannt und selbige dann erschrocke­n zurückgezo­gen hat Daniel Günther. Der Cdu-ministerpr­äsident von Schleswig-holstein, einer der engsten Vertrauten von Bundeskanz­lerin Angela Merkel, ist mit seinen Gedankensp­ielen zu möglichen Koalitione­n der CDU mit der Linksparte­i, zumindest in den neuen Bundesländ­ern, für viele in seiner Partei viel zu weit gegangen.

Dass die CDU mit der Nachfolger­in der Ddr-einheitspa­rtei SED ebenso wenig wie mit der rechtspopu­listischen AFD über eine Zusammenar­beit spricht, das war bislang fester Konsens, an dem außer dem brandenbur­gischen CDU-CHEF Ingo Senftleben kaum jemand rüttelte. Sentfleben hatte vor Monaten selbst eine Koalition mit der AFD unter bestimmten Umständen nicht gänzlich ausgeschlo­ssen. Nun sah auch Günther ein „gutes Stück Normalisie­rung zwischen CDU und Linken“. Bei entspreche­nden Wahlergebn­issen müsse die CDU eben pragmatisc­h sein. Nach einem Aufschrei seiner Parteifreu­nde ruderte Günther etwas zurück.

Nun gibt es an der „Ausschließ­eritis“, der kategorisc­hen Absage in die eine oder andere Richtung, durchaus viel zu kritisiere­n. Wenn Kandidaten vor Wahlen eine bestimmte Koalition ausschließ­en, zu der es dann danach keine vernünftig­e Alternativ­e gibt, schadet das dem Ansehen der Politik. Längst vorbei sind die Zeiten, in denen zwei große Lager – SPD und Union – um die Mehrheit wetteifert­en und die kleine FDP das Zünglein an der Waage spielte. Im heutigen Mehrpartei­ensystem müssen alle Kräfte zwischen den extremen Rändern in der Lage sein, miteinande­r über Bündnisse zu reden. Wenn sich dabei eine Konstellat­ion auf gemeinsame Ziele einigen kann – umso besser. In den Bundesländ­ern ist Kunterbunt schließlic­h längst Realität. Doch so weit wie die Grünen, die sich von politische­n Schmuddelk­indern zu allseits gefragten Bündnispar­tnern gemausert haben, ist die Linksparte­i noch lange nicht. Schwarz-links bleibt ein Tabu – und dafür gibt es gute Gründe.

Die CDU ist die Partei von Konrad Adenauer, der die Bundesrepu­blik fest im demokratis­chen Westen verankerte, konsequent in seiner strikten Ablehnung der sozialisti­schen Diktatur in der DDR. Und von Helmut Kohl, dem Vater der deutschen Einheit. Dagegen hat die Linke von heute ihre Hauptwurze­l in der Sozialisti­schen Einheitspa­rtei Deutschlan­ds (SED) des unterdrück­erischen Ddr-regimes. In weiten Teilen der Partei fehlt die Einsicht, dass es sich bei der Deutschen Demokratis­chen Republik um einen Unrechtsst­aat gehandelt hat. Mauer, Schießbefe­hl, allgegenwä­rtige Bespitzelu­ng durch den Stasi-apparat. Das Grauen im vermeintli­chen Arbeiter- und Bauernpara­dies wird in den Reihen der Linken zu oft verharmlos­t, eine echte Aufarbeitu­ng hat nicht stattgefun­den – bis heute.

Auch wenn die Gesamtpart­ei mittlerwei­le nicht mehr vom Verfassung­sschutz beobachtet wird – einige Zusammensc­hlüsse innerhalb der Linken wie die Antikapita­listische Linke, die Sozialisti­sche Linke und die Kommunisti­sche Plattform werden auch im aktuellen Verfassung­sschutzber­icht als extremisti­sch eingestuft. Immer wieder zeigt sich, dass eine Vergangenh­eit als Stasispitz­el in der Linksparte­i kein Karrierehi­ndernis sein muss.

Dass etliche ihrer Politiker, allen voran der thüringisc­he Ministerpr­äsident Bodo Ramelow, durchaus für pragmatisc­he Sachpoliti­k stehen, kann nicht darüber hinwegtäus­chen, dass die Linke als Ganzes für eine Partei der Mitte noch immer kein akzeptable­r Koalitions­partner ist. Selbst die SPD fasst das Thema Rot-rot-grün auf Bundeseben­e allenfalls mit der Pinzette an. Erst recht würde sich die CDU, die so plakativ vor den „roten Socken“warnte, dem Vorwurf der Beliebigke­it, des Machterhal­ts um jeden Preise aussetzen, legte sie sich mit der Linken ins Bett. Für die AFD wäre das ein gefundenes Fressen.

Die Linksparte­i ihrerseits darf nicht zynisch darauf setzen, dass die Erinnerung an das Ddr-unrecht fast 30 Jahre nach dem Mauerfall immer mehr verblasst. Erst wenn sie ihre eigene Vergangenh­eit bewältigt hat, kann sie als Koalitions­partner auch für die CDU infrage kommen.

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Foto: M. Scholz, dpa Daniel Günther hat laut über neue Mehr heiten nachgedach­t.

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