Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Auf Nummer sicher bis zuletzt
Unsicherheit zu ertragen scheint für viele hart zu sein. Dabei weiß man ja im Grunde gar nicht, was so kommt. Nächsten Monat, nächstes Jahr. Im Leben. Danach. Der Augsburger Bert Brecht dichtete nicht ohne Grund über die Unzulänglichkeit menschlichen Planens. Aber das Planen sein lassen geht eben auch nicht. Im Gegenteil. Wer sich so umguckt, gewinnt den Eindruck, mehr Planung beziehungsweise Verplanung war nie.
Da wird alles, was geht, in – vornehmlich digitale – Kalender gepresst. Effizienz ist Hauptziel des Lebens. Alles ist durchgetaktet. Urlaube werden Monate vorher bis ins Detail gebucht, Tische Wochen vorher beim Lieblingsitaliener reserviert. Im Zug sucht man sich im Internet aus, ob der Sitzplatz am Fenster oder nicht sein soll – ob der Zug dann überhaupt fährt, das sei mal dahingestellt. Und ein Reiseveranstalter wirbt mit der Neuigkeit des Sommers 2018: Die Liege am Pool kann schon von zu Hause aus nach Hotellageplan online reserviert werden. Das frühmorgendliche Handtuchgerenne – vorbei!
Dass dabei das Glück der Spontanität auf der Strecke bleibt, scheint kaum zu stören. Da haben Achtsamkeitskurse fürs Genießen im Hier und Jetzt Konjunktur, wenn aber mal Zeit ist – am Feierabend, in den Ferien –, um spontan zu tun, wozu man Lust hat, dann fesseln einen vor Wochen festgezurrte Verabredungen und Ausflüge.
Da passt es, dass Menschen in Berchtesgaden sogar an einer Verlosung um Gräber teilnahmen – und die beste Aussicht nicht unwichtig war. Man plant eben. Bis zuletzt.