Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ausbeutung heute

Unter den ausgezeich­neten Filmemache­rn ist auch eine Deutsche

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Locarno Die zum Abschluss des 71. Internatio­nalen Filmfestiv­als Locarno verkündete­n Jury-entscheidu­ngen haben teilweise heiße Diskussion­en ausgelöst. Vor allem die Vergabe des Goldenen Leoparden an den Spielfilm „A Land Imagined“von Regisseur Yeo Siew Hua (Singapur) hat überrascht. Doch alle stimmen dem Festival-fazit des scheidende­n künstleris­chen Leiters und künftigen Berlinale-chefs Carlo Chatrian zu, der zum Abschluss resümierte: „Es war eine reiche Ausgabe, ohne Berührungs­ängste, an der sich Lächeln und Nachdenkli­chkeit nicht ausschloss­en.“

Wobei der Gewinner des Goldenen Leoparden vor allem Nachdenkli­chkeit auslöst. Der von Produzente­n aus Singapur, Frankreich und den Niederland­en realisiert­e Film erzählt nämlich in einer raffiniert­en Montage von Thriller, Lovestory und Dokumentat­ion die Geschichte eines Polizisten auf der Suche nach einem verschwund­enen Leiharbeit­er. Die spannende Geschichte mündet in eine kompromiss­lose Kritik an modernen Methoden der Ausbeutung. In diesem Film hat die Jury einen in seiner Verbindung von Publikumsw­irksamkeit und Gesellscha­ftskritik für diesen Festival-jahrgang von Locarno typischen Film ausgezeich­net.

Überrascht hat der Preis für die beste Regie an die Chilenin Dominga Sotomayor für ihr in die 90er Jahre zurückblic­kendes Gesellscha­ftspanoram­a „Zu alt, um jung zu sterben“(Chile/brasilien/argentinie­n/ Holland). Bei aller Detailfreu­de, mit der die Regisseuri­n und Drehbuchau­torin auf den Alltag im Chile nach dem Ende der Militärdik­tatur schaut, kommt der Film doch nicht über das Niveau eines launigen Episodenre­igens hinaus.

Das hoch gehandelte deutsche Antiterror­ismus-drama „Wintermärc­hen“(Regie: Jan Bonny) um drei den Nsu-tätern nachempfun­dene Rechtsradi­kale ging leer aus. Erfolg aber hatte in der Sektion „Filmemache­r der Gegenwart“: „Alles ist gut“von Regisseuri­n Eva Trobisch als bester Debütfilm. Die Produktion wurde schon beim Filmfest München geehrt.

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Foto: dpa Ehre in München, Ehre in Locarno: die Filmemache­rin Eva Trobisch.

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