Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wenn Touristen Wohnungen belegen
Leben In Augsburg werden inzwischen hunderte private Apartments und Zimmer über Online-portale wie Airbnb angeboten. Tourismusexperten sehen das positiv, aber es gibt schon Beschwerden
Max Huber wohnt in einer Studenten-wg in der Innenstadt. Dort gab es ein Problem: Einer der fünf Bewohner musste überraschend ausziehen. Die volle Miete für die Wohnung lief weiter. Um die Kosten im Griff zu behalten, trafen die Studenten eine Entscheidung. „Wir haben das Zimmer bis zum Einzug des Nachmieters über Airbnb angeboten“, sagt Huber. Studenten nutzen den Online-marktplatz inzwischen häufig für Vermietungen. Auch sonst findet man in Augsburg viele dieser Angebote. So viele, dass der Markt genau beobachtet wird.
Ein Blick auf die Homepage des Anbieters zeigt, wie breit die Auswahl in Augsburg geworden ist. Da gibt es die Wohnung mit historischem Flair in einem Altstadthaus aus dem 16. Jahrhundert. Es gibt das hippe Hochhaus-apartment mit weitem Blick über die Stadt, aber auch die verkehrsgünstig gelegene Bleibe in Autobahnnähe und mit Straßenbahnanschluss. Ruhesuchende können in einer Ferienwohnung am Waldrand logieren.
Einer, der den Trend genau beobachtet, ist Tourismusdirektor Götz Beck. Er hat sich Zahlen besorgt. Danach wies Airbnb 2017 in Augsburg rund 350 „aktive Unterkünfte“aus. Darunter fallen alle Unterkünfte, die bei der Online-suche erscheinen, auch wenn sie nicht immer aktuell zu haben sind. Wie die städtischen Tourismusexperten weiter ermittelten, lag das Durchschnittsalter der Airbnb-gäste bei 37 Jahren. Die Besucher blieben überdurchschnittlich lang in Augsburg – im Schnitt 3,7 Nächte. „Das zeigt, dass dieses Angebot nicht nur von jungen Leuten genutzt wird“, sagt Beck. Diese Besucher würden sich stärker auf das Leben in der Stadt einlassen und Augsburg wie Einheimische erleben.
Beck kennt die Diskussionen und Ängste, die der stark wachsende Tourismus-gigant Airbnb auslöst. Vor allem geht es um die Frage, ob mit Internetangeboten für finanziell lukrative Kurzzeit-vermietungen dringend benötigter Wohnraum für die Bevölkerung knapper wird, weil Dauermieter verdrängt werden. Er sieht in Augsburg noch keine Probleme, im Gegenteil: „Wir gehen von einem positiven Impuls für den Städtetourismus aus.“
Für die Hotellerie sei dieser Sektor derzeit noch keine Konkurrenz. Die Auslastung der 4600 Hotelbetten in Augsburg sei mit 48,8 Prozent besser als im bayerischen und bundesweiten Durchschnitt. Es gebe ohnehin noch zu wenige Hotelbetten in der Stadt. Beim Bezirksverband Schwaben des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes gab es – urlaubsbedingt – keine Einschätzung. Tourismusdirektor Beck weiß allerdings auch, dass sich die Lage schnell ändern kann. „Wir beobachten sehr intensiv, wie sich Airbnb auf den Wettbewerb auswirkt.“
In München
ist die gewinnbrin- gende Vermietung von Wohnungen an wechselnde Touristen schon zum großen Problem geworden. Dort kümmern sich Sonderermittler im Sozialreferat um die Suche nach zweckentfremdeten Wohnungen. Bei Verstößen verhängt die Stadt hohe Geldbußen. Denn in München ist Wohnraum so knapp und teuer wie sonst nirgendwo in Deutschland. Was macht Augsburg?
Im Wohnungsausschuss des Stadtrates wurde im Mai vergangenen Jahres über eine „Zweckentfremdungssatzung“ähnlich wie in München beraten. Diese hätte zur Folge, dass eine „wiederholte kurzzeitige Fremdbeherbergung“in Wohnungen ohne Genehmigung mit härteren Geldbußen belegt werden könnte. Beschlossen wurde die Zweckentfremdungssatzung nicht. Dafür gab es Gründe. Wie die städtische Pressestelle mitteilt, wurde von diesem Schritt wegen des erheblichen Personalaufwands abgesehen. Ein weiterer Grund sei die Auswertung der Airbnb-daten gewesen: Sie habe ergeben, dass Augsburg auf den Portalen im Vergleich zu anderen Städten nur eine geringe Rolle spielte. Seitdem seien keine Hinweise eingegangen, die darauf hindeuten, dass sich die Situation geändert hat.
Aber auch in Augsburg gibt es Fälle, bei denen Wohnungsvermietungen an Touristen für Ärger sorgen. Beim Baureferat liegen erste Beschwerden im Bereich von Mehrfamilienhäusern vor. Dabei wird der häufige Wechsel und auch die teilweise sehr hohe Belegung der Wohnungen als Problem angegeben. „Der Bauverwaltung liegen bereits erste Vorgänge über Zimmer- bzw. Wohnungsvermietungen über Airbnb vor“, sagt eine Sprecherin der Stadt. In den Fällen, in denen eine Vermietung nur sehr selten erfolge, etwa einmal im Jahr für einen begrenzten Zeitraum wie Urlaub, gelte die Nutzung als Wohnung weiter. Im Fall von regelmäßig wiederkehrenden kurzzeitigen Vermietungen sei eine Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung zu beantragen. Es gehe Wohnraum zugunsten gewerblicher Zwecke verloren.
Strikte Regeln gelten in den Wohnheimen des Studentenwerks. Die fast 1700 geförderten Wohnplätze dürfen nicht untervermietet werden. „Ausnahmen können genehmigt werden, wenn Studierende wegen eines Praktikums oder eines Auslandssemesters ihren Wohnplatz vorübergehend nicht benötigen“, so Pressesprecher Michael Noghero. Der Untermieter müsse dann aber ebenfalls Student in Augsburg sein, was nachgeprüft werde. Kurzfristige Untervermietungen etwa über Airbnb seien nicht erlaubt. „Wir haben die Portale im Auge und reagieren bei nicht genehmigter Untervermietung mit mietrechtlichen Konsequenzen“, sagt Noghero. Student Max Huber wiederum hat mit der Online-vermietung gute Erfahrungen gemacht. Seine WG habe sich eine Genehmigung vom Vermieter geholt, sagt er. In das freie Zimmer zog vorübergehend eine asiatische Wissenschaftlerin ein. Es sei eine gute Lösung für alle Beteiligten gewesen.
Hippe Apartments und Wohnungen am Waldrand
Airbnb
● Unternehmen Airbnb wurde 2008 im kalifornischen Silicon Valley gegründet, und zwar als Community Marktplatz für Buchung und Ver mietung von Unterkünften. Sowohl private als auch gewerbliche Ver mieter vermieten ihr Zuhause oder ei nen Teil davon unter Vermittlung des Unternehmens, ohne dass Airbnb rechtliche Verpflichtungen über nimmt.
● Heute hat das Unter nehmen nach eigenen Angaben über fünf Millionen gelistete Unter künfte in 191 Ländern.
● 2017 waren hier rund 350 aktive Unterkünfte gelistet, mit rund 10 500 Gästeankünften.