Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Über den Wetterwechsel
AVON SARAH SCHIERACK m Wochenende lief ich mit zwei Freundinnen durch den Regen. „Wie schön sich das anfühlt, die Tropfen im Gesicht“, rief die eine plötzlich. Ich umklammerte den Regenschirm, wich der nächsten Pfütze aus und schwieg. Haben Sie sich schon einmal über Nieselregen im Gesicht gefreut? Ich auch nicht, zumindest nicht bei zwölf Grad Celsius.
Die Schuhe quietschen, als ich ein Café betrete. Die Haare sind nass, die Zehen in den Turnschuhen auch. Die Menschen trinken Kakao und heiße Zitrone. Ich schaue schon zum dritten Mal auf den Wetterbericht und während halb Europa über die Zeitumstellung spricht, habe ich nur ein Problem: den Wetterwechsel.
Ich ärgere mich über den Herbst, der mich mit voller Wucht aus dem Sommer reißt. Herbst, will ich rufen, was läuft falsch bei dir? Hast du nichts Besseres zu tun, als uns mit deinem Regen zu jagen, mit deiner Dunkelheit? Das Leben war doch so leicht in den vergangenen Wochen, so sommerlich simpel. Und jetzt? Wird bereits das Anziehen zur Herausforderung. In welchem Karton liegt noch einmal die Übergangsjacke? Wo sind die langen Hosen? Waren Socken schon immer so unbequem? Und der Schirm? Seit Ende Mai nicht mehr gesehen.
Ich überlege, eine zweite Bettdecke aus dem Schrank zu holen. Ob wohl die Heizung schon funktioniert? Im Büro pustet die Klimaanlage noch mehr kalte Luft auf mich hinunter. Ich friere, alle frieren. Der Kollege hat erfahren, dass der Sommer in dieser Woche zurückkehren soll. Ich hoffe, er hat recht. Ich bin noch nicht bereit für den Herbst.