Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Kiefer hat mit Zverev weiter Geduld
Der ehemalige Weltklasse-spieler, der jetzt als Trainer an der Dtb-tennisbase in Hannover arbeitet, sieht das frühe Us-open-aus gar nicht so negativ
Augsburg Das Spitzeneinzel im Finale der deutschen Tennis-vereinsmeisterschaften der Herren 40, das auf dem Centre-court der Anlage des TC Augsburg stattfand, hätte vor ein paar Jahren durchaus auch in der ersten oder zweiten Runde bei den zurzeit laufenden US Open ausgetragen werden können. Nicolas Kiefer, 41, stand Alexander Waske, 43, gegenüber. Kiefer für den TC GW Ratingen, Waske für den TC BW Bohlsbach (bei Offenburg). Am Ende behielt Waske überraschend mit 6:3, 7:5 die Oberhand. Bohlsbach setzte sich wie im Vorjahr gegen Ratingen durch – diesmal mit 6:3.
„Es sind zwei, drei Bälle, die das ganze Ding entscheiden“, haderte Kiefer nach der Siegerehrung immer noch ein wenig mit seiner Einzelniederlage. In seiner aktiven Zeit hätte er dem Doppelspezialisten Waske wohl keine Chance gelassen. Doch darüber wollte Kiefer gar nicht nachdenken. „Man soll nicht vergleichen, was war, sondern was ist. Und, man kann nicht mehr auf dem Platz geben, als drin war“, sagte die ehemalige Nummer vier der Welt.
2010 hat Kiefer, Spitzname „Kiwi“, seine Karriere offiziell beendet. Nach 14 Jahren, in denen der Hannoveraner seinen Körper immer wieder an die Grenzen trieb und darüber hinaus, nach sechs Titeln, aber ohne Erfolg in einem Grand-slam-finale. Kiefer galt neben Boris Becker und Michael Stich als das größte deutsche Tennistalent. Doch zu einem wirklich großen Sieg reichte es nie. 2004 bei den Olympischen Spielen in Athen hatte er im Doppelfinale mit Rainer Schüttler mehrere Matchbälle gegen die Chilenen Fernando González und Nicolás Massú und verlor nach fünf Sätzen.
Dem Tennis ist Kiefer aber treu geblieben. Unter anderem ist er an der Tennisbase des Deutschen Tennis Bundes als Trainer und Berater beschäftigt. Das Drittrundenaus von Deutschlands neuer Tennishoffnung Alexander Zverev, 21, gegen den Augsburger Philipp Kohlschreiber, 34, will er nicht überbewerten. „Alexander ist noch jung. Er hat mit Ivan Lendl einen guten Trainer. Er wird sein Ding schon machen.“Kiefer warnt davor, zu viel Druck auf Zverev aufzubauen. „Die Erwartungen in Deutschland sind sehr hoch. Er ist jetzt Nummer vier der Welt, pendelt da zwischen Nadal, Federer, del Potro und Djokovic herum. Da mitzumischen, was er ja tut, ist allein schon fast unglaublich.“
Kiefer freut sich lieber für Kohlschreiber. „Euer Kohlschreiber hat bisher wirklich super Tennis gespielt. Es ist doch schön, dass er im höheren Alter noch einmal unter den letzten 16 ist. Und in der zweiten Woche eines Grand-slam-turniers ist alles möglich.“Doch Kohlschreibers Reise endete im Achtelfinale gegen den Japaner Kei Nishikori mit 3:6, 2:6, 5:7.
Kiefer selbst hatte bei den US Open einmal das Viertelfinale erreicht. 2000 unterlag er dem Russen Marat Safin aber 5:7, 6:4, 6:7, 3:6. 18 Jahre später ist der Marathonläufer und Golfspieler (Handicap 9,9) immer noch durchtrainiert. Tennis ist aber nur noch ein Teil seines Lebens. Kiefer, der mit Frau und Kind in Hannover wohnt, engagiert sich viel im sozialen Bereich. So versucht er mit der Aktion „Kinderträume“, schwerkranken Kindern letzte Wünsche zu erfüllen.
Doch das Finalwochenende in Augsburg hielt er sich frei. „Es sind gute Jungs und ich finde es einfach toll, mit der Truppe unterwegs zu sein.“Und auch mit 41 ist Kiefer ehrgeizig. „Wir sind mit der gleichen Mannschaft vor ein paar Jahren deutscher Meister Herren 30 geworden, jetzt wollten wir das hier wiederholen, was uns leider nicht gelungen ist. Also werden wir es 2019 wieder versuchen.“