Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
„In einem Taxi kann alles passieren“
Moritz Grabmann ist der jüngste selbstständige Taxifahrer in der Stadt. Er transportiert Menschen, Einkäufe und Blutproben – und erfährt dabei einiges, was kaum einer über Augsburg weiß / Serie (9)
Es ist ein heißer Samstagnachmittag. Moritz Grabmann steht am Eingang des Klinikums Augsburg und wartet. In seinem Auto spürt man nicht viel von der Hitze, die Klimaanlage erfüllt ihren Zweck. Zehn Minuten nach seiner Ankunft ertönt ein Ton, ein Auftrag ist eingegangen. Moritz Grabmann startet den Motor seines beigen Mercedes mit dem gelben Taxischild auf dem Dach.
Der 24-Jährige ist seit eineinhalb Jahren Taxifahrer und seit einem Monat der jüngste selbstständige Taxifahrer in der Stadt. Seine Fahrt führt ihn diesmal nach Lettenbach bei Diedorf. Wie ein Arbeitstag bei ihm aussieht, hängt von vielen Faktoren ab: „Es kommt drauf an, wie die Leute drauf sind, welche Jahreszeit ist, ob Ferien sind oder nicht, und auch auf die Tageszeit. In einem Taxi kann alles passieren“, erklärt er. Die Augsburger seien aber grundsätzlich angenehme Fahrgäste. „Die meisten unterhalten sich mit mir, es gibt aber auch viele, die nur transportiert werden wollen.“Man merke aber relativ schnell, wie man sich verhalten muss, erklärt er. Nachts ist auch der Alkoholpegel entscheidend, wie eine Fahrt verläuft. „Alkohol senkt die Hemmschwelle und es gibt dabei sehr lustige betrunkene Fahrgäste, mit denen man auch einen Spaß machen kann, aber auch die anderen, bei denen man vorsichtiger sein muss“, weiß Grabmann.
Sein erster Fahrgast an diesem Tag möchte zum Vincentinum. Grabmann kennt den Weg, ohne nachfragen zu müssen. „Mit der Zeit lernst du den schnellsten Weg von A nach B kennen und auch viele
Eine Ortskenntnisprüfung ist verpflichtend
Schleichwege, die man vorher vielleicht noch nicht entdeckt hat.“Eine gute Ortskenntnis ist eine Voraussetzung, um überhaupt Taxifahren zu dürfen. Um die Konzession zu bekommen, müsse man eine Ortskenntnisprüfung ablegen, erzählt Grabmann. „Und wenn man sich mal nicht ganz sicher ist, kann man den Fahrgast auch immer fragen, niemand kann schließlich alle Straßen kennen.“
Nachdem er seinen Fahrgast abgesetzt hat, macht er sich auf den Weg zu einer Taxistation an der City-galerie. „An diesen Punkten können wir auf einen Auftrag warten. Ruft dann jemand aus diesem Bezirk in der Zentrale an, werden wir benachrichtigt“, erklärt Grabmann. Dabei gibt es eine Reihenfolge: Wer als Erster in der Reihe am Stand steht, bekommt den Auftrag. All das regelt der Funkverkehr der Taxizentrale. Moritz Grabmann ist derzeit der erste in der Reihenfolge und der nächste Auftrag lässt nicht auf sich warten. Zwei Fahrgäste möchten Lampen von einem Geschäft in der Innenstadt nach Hause transportieren. Die Fahrt dauert nicht lange und die beiden unterhalten sich entspannt mit ihrem Fahrer.
Moritz Grabmann hat schon viele Gespräche mitbekommen, oft reden sich seine Fahrgäste bei ihm die Seele aus dem Leib. „Von der Scheidung über Betrugsgeschichten, bis hin zum neuesten Klatsch aus der Stadt ist alles dabei“, sagt er. So sei er immer informiert, was in Augsburg gerade los ist.
Vom Hotelturm aus ist Grabmann auf dem Weg zu seinen nächsten Fahrgästen. Drei Lokführer möchten vom Bahnpark zum Hauptbahnhof transportiert werden. Das gehöre zu seinen häufigeren Fahrten, sagt der 24-Jährige. Es gibt dagegen auch seltenere Fahrten:
Manchmal putzt er auch sein Auto
„Zum Beispiel zum Münchner Flughafen fahre ich nicht so oft. Aber das ist dann auch eine lukrative Fahrt, da hat man für den Tag ausgesorgt“, sagt Grabmann.
Nachdem er die Lokführer am Hauptbahnhof abgesetzt hat, wird es ruhig im Taxi. Moritz Grabmann steht an der Station in der Karlstraßeplatz und wartet auf einen neuen Auftrag.
Dieses Mal ist er zweiter in der Warteschlange. Und er wartet lange, auch das kommt vor: „Um diese Uhrzeit gehen die Leute nach Hause und machen sich fertig für den Abend. Ab 23 Uhr ist wieder mehr los.“Während er wartet, verbringt er die Zeit mit Lesen, im Internet surfen oder lässt das Treiben auf den Straßen Augsburgs auf sich wirken. Manchmal nutzt er auch die Zeit, um das Auto zu putzen. „Dein Auto ist das Aushängeschild. Wenn das sauber ist, fahren die Leute auch gerne mit“, erklärt er.
Nach über einer Stunde Warten kommt erneut ein Auftrag rein und Grabmann startet den Motor. Der Auftrag kommt aus Richtung des Theaters. Die zwei Fahrgäste haben mehrere Ziele auf ihrer Reise. Sie sammeln einen weiteren Mitfahrer ein, wollen zur nächstgelegenen Bank und schließlich zum Schlachthof am Proviantbach gefahren werden. Alles erledigt Grabmann mit den Fahrgästen. „Es gibt die unterschiedlichsten Dinge, die man mit einem Taxi befördern kann. Manche Kunden wollen von A nach B, manche wollen, dass man ihren Einkauf nach Hause fährt oder einfach nur ein Bier von der nächsten Tankstelle holt.“Viele Ärzte versenden ihre Proben per Taxi an Labore oder Unternehmen lassen ihre Kunden nach Hause befördern. Es gibt wenig, das es nicht gibt.
Moriz Grabmanns Schicht ist vorbei, zumindest für den Nachmittag. „Ich gehe jetzt schlafen und fahre dann ab Mitternacht wieder. An einem Samstag ist das Nachtleben in Augsburg in vollem Gang.“Er ist gespannt, welche Fahrgäste ihn in der Nacht erwarten. „In einem Taxi kann alles passieren. Das Wichtigste ist, immer freundlich zu sein, denn dann sind es die Leute auch zu dir.“