Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Alle im Dienst des Wahrzeichens
Wo James Bond das Küssen übte und wie vier Männer das Prater-rad am Laufen halten
Ebenlechner mit seiner Firma ist für alle Schlosserarbeiten zuständig und sieht sich hier doch eher als Uhrmacher, als Feinmechaniker: „Jedes Ersatzteil muss extra angefertigt werden. Die Arbeit hier verlangt Hände, Kopf. Und viel Bauch.“
Martin Zimmermann ist sein Pendant für die Elektrik. Es gibt keine Kabelverbindung, die er nicht Zentimeter für Zentimeter kennt, keinen Kontakt, den er nicht schon mit seinen Werkzeugen berührt hat. Keiner ist mit den Schaltkreisen so vertraut wie er. Peter Petritsch jedenfalls war heilfroh, als absehbar war, dass Martin in die Fußstapfen seines pensionierten Vaters treten würde, der den Job zuvor gemacht hat. Für „das Raderl“sind sie jederzeit erreichbar und im Handumdrehen vor Ort, falls ihr Einsatz gefragt ist: der Sohn ebenso wie der Pensionär. Und familienintern ist schon seit langem koordiniert, dass immer nur einer von beiden auf Urlaub ist. Der andere hat dann Wahrzeichendienst.
„Mich macht es jedes Mal stolz, das Rad vor einer Fußballübertragung im Fernsehen zu sehen, wenn die Kamera über den Prater Richtung Stadion schwenkt“, sagt Martin Zimmermann. „Und wenn ich sehe, dass dann alle Lampen funktionieren.“Ob er das Rad liebt? Er lacht. „Irgendwie schon“, soll das wahrscheinlich heißen. Es ist ihm ans Herz gewachsen. Und es gehört untrennbar zu Wien. Einen Lieblingsplatz hat er auch – einer, der keinem Besucher zugänglich ist: der Korb direkt neben der 16 Tonnen schweren geschmiedeten Achse.
Erstaunlich ist, wie leise das Rad läuft. Nur ein Surren ist zu hören, wenn man neben dem Einstieg an der Fahrerkabine wartet. Und multinationales Sprachgewirr der Leute in der Warteschlange: Deutsch, Englisch, Russisch, Japanisch, alle Sprachen der Welt, dazu erstaunlich viel Wiener Zungenschlag. Und wieder ist da diese gewisse Andacht, so etwas wie erwartungsvoller Respekt, fast etwas Festliches. Wenn es kreischt, dann von nebenan: Das sind nie die Riesenrad-leute, sondern die Passagiere in den offenen Wagen der Achterbahn gleich gegenüber während der Sturzfahrt und in der Steilkurve.
„Aus heutiger Sicht“, sagt Peter Petritsch, „wüsste ich nicht, warum das Raderl nicht noch mal 120 Jahre fahren sollte. Das ist wie mit Waschmaschinen. Die neuen gehen kaputt, die alten halten immer noch.“
Wo Peter Petritsch zu Hause ist? In Salzburg. Als Gegengewicht. Manchmal muss ein bisschen Abstand sein. Ob Bond nochmal da war? „Kann sein, dann muss es aber privat gewesen sein. Ganz normal.“