Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Gelebte Solidarität mit den Nato-partnern
Das größte Nato-manöver seit dem Ende des Kalten Krieges ist keine verantwortungslose Drohgebärde gegenüber Russland. Sondern ein wichtiges Zeichen dafür, dass mit dem westlichen Verteidigungsbündnis im Ernstfall noch zu rechnen ist. Die beteiligten Armeen üben, wie eine mögliche Attacke auf einen Bündnispartner zurückzuschlagen wäre. Der Angreifer in diesem Szenario ist fiktiv, doch natürlich hat dabei niemand Costa Rica oder Botswana im Sinn. Sondern Russland, die militärische Weltmacht im Osten, die regelmäßig mit gewaltigen Manövern ihre Stärke demonstriert – und damit auch in seinen Nachbarstaaten Ängste schürt. Die Menschen in Polen, Estland, Lettland und Litauen haben ganz konkret die Sorge, dass ihre Länder Ziel russischer Aggression werden könnten. Die Annexion der Krim und der von Moskau geschürte bewaffnete Konflikt in der Ostukraine stehen ihnen als eindringliche Warnung direkt vor Augen. Es wäre schäbig, würde sich Deutschland nicht solidarisch zeigen, weil es heute ausschließlich von Freunden umgeben ist. Es mag ja stimmen, dass ein direkter militärischer Angriff auf Deutschland derzeit kaum vorstellbar scheint. Doch die Verantwortung für einen stärkeren deutschen Beitrag zur europäischen Sicherheit erwächst aus der Geschichte. Die alte Bundesrepublik, der Westen Deutschlands, war ein Nato-frontstaat, im Osten standen die furchterregenden Armeen der Warschauer-pakt-staaten. Nur das westliche Verteidigungsbündnis bot Schutz. Das sollte niemand vergessen. Natürlich sind gute Beziehungen zu Russland enorm wichtig. Doch nur aus einer Position der Wehrhaftigkeit kann der Westen mit Moskau auf Augenhöhe verhandeln. beschlossen, zahlreiche Aufträge erteilt. Doch es dauere eben, bis das Material auch bei der Truppe ankomme.
Beim Manöver, bestätigen mehrere Offiziere, sei alles Nötige vorhanden. Für den Einsatz im Winter etwa haben die Truppen gerade erst neue Spezialkleidung bekommen, von der Thermo-unterwäsche bis zu den wasserdichten Überschuhen. Bei einem Lehrgang hoch im norwegischen Norden, bei Temperaturen bis zu 27 Grad unter dem Gefrierpunkt, habe sich die Ausrüstung schon bewährt, berichtet ein Soldat. Das habe direkte Auswirkungen: „Die Leute werden viel seltener krank.“Gerade von den norwegischen Kameraden lasse sich viel lernen über das Überleben bei extremen Bedingungen.
Den Austausch mit den Kameraden aus den anderen Nato-staaten empfinden viele Bundeswehrsoldaten als bereichernd. Beim Essen im 2000 Leute fassenden Verpflegungszelt mischen sich an den Tischen die unterschiedlichen Schattierungen von Grün der Uniformen aus Norwegen, Deutschland, Tschechien oder Holland. Bei Gemüsesuppe, Salat und Bergen von Räucherlachs wird so viel gefachsimpelt wie gelacht – auf Englisch. Ein deutscher Offizier nennt das Großmanöver „einen unschätzbaren Beitrag zur Motivation – die Soldaten machen hier genau das, was sie sich vorgestellt haben, als sie zum Militär gingen“.
Und dennoch – dass hier für ein Kriegsszenario geprobt wird, gerät niemals in den Hintergrund. Im Gegensatz zu einem Ernstfall steht in Norwegen immerhin fest, wie die Sache ausgehen wird: Die Angreifer aus dem Norden machen anfangs erhebliche Geländegewinne. Doch dann erfolgt der Gegenschlag der Süd-armee mit ihrer geballten Feuerkraft. Den Angreifern bleibt nur der Rückzug. Als sie schließlich wieder bei Telneset die eisige Glomma überqueren, ist dieser „Krieg“zu Ende gespielt.