Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
War das Tatmotiv enttäuschte Liebe?
Ein 14-Jähriger im Sauerland gesteht, einen zwei Jahre älteren Mitschüler erwürgt zu haben. Auslöser der Tat soll ein Streit gewesen sein – womöglich über unerwiderte Gefühle
Wenden Als die erste Schulstunde am vergangenen Dienstag vorbei ist, machen sich zwei Schüler im Landkreis Olpe im Sauerland aus dem Staub. Unbemerkt schleichen sich die Jugendlichen im Alter von 14 und 16 Jahren vom Gelände der Gesamtschule in der westfälischen Gemeinde Wenden, um den restlichen Schultag zu schwänzen. Doch der Jüngere der beiden kehrt wenig später zum Unterricht zurück – alleine. Seine schmutzigen, durchnässten Klamotten erklärt er seinen Mitschülern damit, dass er gestürzt sei.
Sein 16-jähriger Schulfreund wird nicht wieder gesehen. Abends alarmieren dessen besorgte Eltern die Polizei. Eine große Suchaktion beginnt, die Ermittler hören sich auch bei den Schulkameraden des vermissten 16-Jährigen um. Dabei gibt der 14-Jährige zwar zu, sich mit dem Vermissten gestritten zu haben. Danach seien sie jedoch in unterschiedliche Richtungen weggegangen.
An dieser Version gibt keine Zweifel – erst es zunächst als sich der Jugendliche mehrfach widerspricht, erhärtet sich der Verdacht gegen ihn. Als ein Großaufgebot am Mittwochmorgen den Leichnam des 16-jährigen jungen Mannes in einem Waldstück nahe des Schulgeländes findet, bestreitet der 14-Jährige weiter, etwas mit dem Fall zu tun zu haben. Vor einem Richter legt er später jedoch überraschend ein umfassendes Geständnis ab: Medienberichten zufolge hat er seinen Mitschüler mit bloßen Händen erwürgt.
„Er hat den Vorfall minutiös geschildert“, sagte Staatsanwalt Rainer Hoppmann. „Er war zum Teil sehr überlegt, hat darüber nachgedacht, wie er formuliert.“Nach Ermittlerangaben hat sich das zwei Jahre ältere Opfer gegen den Angriff gewehrt – sei dem dringend Tatverdächtigen jedoch körperlich unterlegen gewesen. Dem Täter drohen nun bis zu zehn Jahre Jugendstrafe.
Über die genauen Umstände und Hintergründe der Tat, die bundesweit für Entsetzen sorgt, ist bislang noch wenig bekannt. Laut Staatsanwaltschaft sprechen viele Umstände für eine Tat im Affekt. Ein Grund für den Streit der zwei Jugendlichen könnten jedoch unerwiderte Liebesgefühle gewesen sein, wie die Ermittler am Freitagmorgen bekannt gaben. Der eigenen Aussage nach habe sich der 14-Jährige eine romantische Beziehung zu seinem älteren Mitschüler gewünscht. Der 16-Jährige habe die Gefühle des Jüngeren jedoch nicht erwidert.
Eine solche Zurückweisung könne grundsätzlich zum Motiv einer Gewalttat werden, erklärte der Leiter der Kriminologischen Forschungsgruppe des Bayerischen Landeskriminalamts, Johannes Luff, im Gespräch mit unserer Redaktion: „Liebe ist eine enorm starke Emotion, mit der man umzugehen lernen muss.“Der Kriminologe wollte allerdings auf den konkreten Vorfall im Sauerland keinen Bezug nehmen. Spätestens im Erwachsenenalter hätten die meisten Menschen die Einordnung von Gefühlen wie Frust oder Zurückweisung gelernt. Während der Pubertät, die mit starken Gefühlsschwankungen einhergehen könne, erlebten Jugendliche ihre Emotionen besonders stark. „Allgemein ist es denkbar, dass enttäuschte Gefühle in Gewalt umschlagen können“, sagte Luff, der in diesem Zusammenhang von ausgesprochen seltenen Einzelfällen sprach. Auch von ihren eigentlichen Gefühlen der Zuneigung gegenüber dem Opfer ließen sich die Täter dann nicht mehr bremsen.
Der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Christian Lüdke sprach von einem „Wutstau“, der sich mit der Tat Bahn breche: Plötzlich entladen sich lang angestaute Angst und Aggression. „Jeder Mensch kennt das Gefühl, dass er vor Wut ausrasten könnte – aber normalerweise kann man diesen Impuls kontrollieren.“Manche Menschen allerdings könnten dies nicht. Der Täter handele dann „wie auf Autopilot, in einer gefühlsmäßigen Vollnarkose“, sagte Lüdke.
In der Gemeinde Wenden im Sauerland herrscht immer noch Fassungslosigkeit über den Vorfall. Gemeindeverwaltung und Gemeinderat zeigten sich in einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung „tief bewegt“. Die Schüler der Gesamtschule, die am Freitag geschlossen blieb, werden von Schulpsychologen betreut. Berger, das nach und nach insgesamt 200 000 Euro seines Klienten versenkt hatte. Je tiefer die Ermittler sich in dem Fall verhaken, desto stärker wird auch Gregorowicz mit seinen Ausreden konfrontiert. Völlig vereinsamt läuft er mit einem Ballast von Lügen durch die Stadt. Dazu eine gewollte Raffinesse: Gregorowicz hat Wahrnehmungsstörungen, wobei offenbleibt, ob Gewaltszenen und verschwommene Gesichter real sind oder Visionen und Albträume widerspiegeln.
Ein optischer Kunstgriff, der so neu nicht ist. Und wie sich die Ermittler in Hypothesen um weitere Verdächtige und in küchenpsychologische Sprüche verstricken, langweilt auf Dauer. So muss wieder mal ein starker Hauptdarsteller, den man bei uns häufiger sehen möchte, die Story retten. Der Österreicher Manuel Rubey, der sich als Gregorowicz für seine Lügen selbst bestraft, wirkt gegen Ende wie ein unheilbar Kranker. Sieht denn so ein Mörder aus?
Rupert Huber