Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Den „Kurzen“erwartet ein langer Prozess
Der mexikanische Drogenboss kommt unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen vor Gericht
New York Joaquín „El Chapo“Guzmán war einer der berüchtigtsten Drogenbosse Mexikos – und soll nun für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Von diesem Montag an wird ihm in New York unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen der Prozess gemacht.
„El Chapo“, der in seiner Heimat schon zwei Mal spektakulär aus dem Gefängnis entkam, muss sich unter anderem wegen Drogenschmuggels, Waffenhandels und Geldwäsche verantworten. Geht es nach der Usjustiz, muss er den Rest seines Lebens in einem Hochsicherheitsgefängnis verbringen.
Jahrelang hat die Staatsanwaltschaft Unterlagen für die Anklage gegen Guzmán gesammelt. Elf Anklagepunkte werden ihm zur Last gelegt. Das mexikanische Sinaloakartell als „größte Drogenschmuggelorganisation der Welt“habe unter seiner Führung von 1989 bis 2014 insgesamt 154626 Kilogramm Kokain in die USA geschmuggelt, darüber hinaus auch Heroin, Crystal Meth und Marihuana. Damit soll es 14 Milliarden Dollar (12,3 Milliarden Euro) verdient haben. Der 61-jährige Guzmán, der aufgrund seiner geringen Körpergröße „El Chapo“(zu Deutsch: „der Kurze“) genannt wird, plädiert auf nicht schuldig. Doch das belastende Material, das die Us-justiz gesammelt hat, umfasst mehr als 300000 Seiten und mindestens 117000 Audioaufnahmen. Für die Durchsicht dieses Materials forderten die Verteidiger des Drogenbosses schon mehrfach mehr Zeit und erreichten, dass der Prozess verschoben wurde.
Das auf vier Monate angesetzte Verfahren vor einem Bezirksgericht in Brooklyn findet hinter verschlossenen Türen statt. Die zwölf Geschworenen und ihre sechs Ersatzkandidaten werden unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen ausgewählt – wie es nur in Prozessen gegen die gefährlichsten Angeklagten der Fall ist. Die Geschworenen bleiben anonym und werden an jedem Prozesstag von Sicherheitsbeamten ins Gericht eskortiert.
Auch einstige Geschäftspartner Guzmáns, frühere Handlanger und Rivalen, die Informanten und Zeugen in dem Verfahren sind, stehen unter Schutz. Viele haben im Rahmen des Zeugenschutzprogramms mit einer neuen Identität bereits ein neues Leben begonnen. Das Verfahren hängt in höchstem Maße von ihren Aussagen ab. Denn niemand habe Fotos davon, wie Guzmán Kokain in die USA geschleust und dafür „Koffer mit Geld“entgegengenommen habe, sagte Rob Heroy, einer seiner Anwälte.