Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Drei Jahre nach der Flüchtlings
gebildet. Sie sind alle nach wie vor aktiv. Teils läuft deren Arbeit jetzt gerade aus, weil viele Flüchtlinge nun schon seit mehreren Jahren hier sind und einfach weniger Unterstützung brauchen. Teils geht es aber auch gerade wieder los, weil über den Familiennachzug neue Menschen kommen, die zum Beispiel Deutsch lernen müssen. In Haunstetten waren es im Helferkreis zeitweise bis zu 80 Personen, davon sind heute etwa 20 geblieben. Teilweise werden auch Helfer wieder reaktiviert, etwa in Inningen und Kriegshaber, wo jetzt die Ankerzentren eingerichtet worden sind. Bei einer Infoveranstaltung in Inningen kamen kürzlich 40 Leute. Isabella Geier: In unserem Helferkreis in der Hammerschmiede sind auch etwa ein Viertel der Helfer geblieben. Aber wenn man etwas Bestimmtes sucht, zum Beispiel Einrichtungsgegenstände für eine Wohnung, dann kommt aus allen möglichen Ecken noch Unterstützung. Auch von jenen, die heute nicht mehr so aktiv sind.
Frau Geier, sie sind der Flüchtlingsarbeit das Jahr 2015 erlebt? seit den 1980er-jahren in engagiert. Wie haben sie
Isabella Geier: Das war schon etwas Außergewöhnliches. Einfach von der Masse der Menschen, die plötzlich zu uns gekommen ist. In den 1980er-jahren, als ich mit der Flüchtlingsarbeit begonnen habe, habe ich mich mehr um Einzelne gekümmert. Es gab damals ein Flüchtlingsheim nahe dem Lech. Wir hatten dann zum Beispiel eine Kinderspielgruppe und eine Frauengruppe. Und man war damals als Helfer auch mehr auf sich alleine gestellt. Dass überall Helferkreise entstanden sind, das war auch etwas Neues im Jahr 2015.
Birgit Ritter: Durch diese Helferkreise ist auch in den Stadtteilen viel passiert, das ist vielen gar nicht so bewusst. Es sind dabei viele Bekanntschaften und Freundschaften unter den Bewohnern der Stadtteile entstanden. Das bereichert viele. Man kennt jetzt andere, die ähnlich denken und mit denen man auch mal reden kann. So kann man sich auch gegenseitig stützen, wenn es Probleme gibt. Das finde ich für den sozialen Zusammenhalt und den gesellschaftlichen Frieden in unseren Stadtteilen sehr wichtig.
Wie kamen Sie damals überhaupt zur Flüchtlingshilfe, Frau Geier?
Isabella Geier: Ich habe vier Kinder. Als sie klein waren, bin ich am Lech spazieren gegangen und habe das Flüchtlingsheim gesehen. Ich bin einfach mal rein und habe einen Betreuer gefragt, ob ich helfen kann, zum Beispiel mit Deutschunterricht. Dann hat er mich tatsächlich gefragt: Warum wollen Sie das machen? Sind Sie unglücklich verheiratet? Das war 2015 nicht mehr so. Da hat keiner gefragt, warum man helfen will.
Sie opfern für die Arbeit viel Freizeit. Was motiviert sie dazu?
Isabella Geier: Man bekommt mit der Zeit ein großes interkulturelles Verständnis. Das ist eine Bereicherung. Und man lernt auch tolle Menschen kennen. Der erste Flüchtling, den ich intensiv begleitet habe, kam aus dem Iran. Er ist inzwischen schon lange Ingenieur bei einer Firma in München. Er ist verheiratet, hat Kinder, ein Haus. Wir sehen uns heute natürlich nicht mehr so oft, aber der Kontakt zu ihm besteht noch immer.
Evita Dabbelt: Es ist mir schon immer wichtig gewesen, etwas im sozialen Bereich zu machen. Es ist der Kontakt mit verschiedenen Menschen, die Menschlichkeit und auch die Dankbarkeit, die man spürt.
Birgit Ritter: Für viele Ehrenamtliche ist es ein Ansporn, dass sie etwas Sinnvolles tun, wozu sie aber nicht durch Job oder Familie verpflichtet sind. Sie wollen sich auch selbst ausprobieren.
Isabella Geier: Ich habe mir auch immer gedacht, wenn sich möglichst viele von uns engagieren und den Menschen, die hierher kommen, helfen, dann gibt es auch viel weniger Probleme.
Im Jahr 2015 gab es bei den Menschen viel Sympathie für die Flüchtlinge. Es war von einer „Willkommenskultur“die Rede. Das hat sich teilweise gewandelt. Es gibt Diskussionen, wie viel Zuwanderung unser Land verkraftet. Die AFD feiert Wahlerfolge. Spüren Sie, dass sich da in der Gesellschaft etwas verändert hat?
Evita Dabbelt: Ich denke, es hängt sehr stark vom sozialen Umfeld ab, in dem man sich bewegt. Ich persönlich erlebe bisher keine Ablehnung, weil ich mich für Flüchtlinge einsetze. Aber ich bin hier in Augsburg natürlich auch mehr von Menschen umgeben, die ähnlich ticken wie ich. Ich komme vom Land. Dort ist es nicht wirklich ein Thema.
Birgit Ritter: Es gibt schon auch andere Fälle. Ich habe auch von Freiwilligen gehört, die gesagt haben, bei ihnen gehe jetzt ein Riss durch die Familie oder durch Freundschaften. Diese Freiwilligen haben es schon gespürt, dass es nicht alle gut finden, wenn man sich in der Flüchtlingshilfe engagiert. Margot Laun: Das ist erstaunlich. Ich bin ja auch viel im Gespräch und höre so gut wie gar nichts von Ablehnung. Vermutlich hat es auch den Grund, dass ich viel mit Gleichgesinnten zu tun habe. Ich habe es eigentlich erwartet, dass da mal was Negatives kommt. Aber ich erlebe es bisher so gut wie nicht. Es ist eher so, dass manche Helfer, die nicht so überzeugt sind von dem, was sie in der Asylhilfe tun, nicht mehr auftauchen. Diese große Hilfswelle, die damals mit der sogenannten Flüchtlingswelle einherging, ist eindeutig abgeebbt. Es war damals einfach schick, bei der Hilfe dabei zu sein. Das ist nun anders. Wer jetzt dabei ist, macht das sehr bewusst.
Wurden Sie schon einmal von beschimpft?
Flüchtlingsgegnern
Margot Laun: Mein Kollege und ich, wir erhalten in regelmäßigen Abständen anonyme Post. Es handelt sich um Zeitungsausschnitte, die Geflüchtete nur in negativem Zusammenhang zeigen. Es kommt ab und zu auch vor, dass jemand am Telefon ist und uns wegen unserer Arbeit angreift. Ich sage dann eben, dass ich mich auf dieser Ebene nicht unterhalte und lege wieder auf. Das ist aber zum Glück selten der Fall. Und man erlebt auch, dass das Thema Zuwanderung nicht immer so wichtig ist, wie es vielleicht manchmal scheint. Ich war kürzlich bei der Bürgerversammlung der Stadt. Von 32 Bürgern, die sich dort zu Wort gemeldet haben, hatte keiner etwas zu den Themen Flüchtlinge oder Migration zu sagen.
Wie oft kommt es vor, dass ehrenamtliche Flüchtlingshelfer enttäuscht sind, weil sich ihre Erwartungen nicht erfüllen?
Birgit Ritter: Das kann natürlich passieren. Deshalb ist die Schulung so wichtig, die wir beim Freiwilligenzentrum mit den Helfern machen. Um zu erklären, warum ein Flüchtling vielleicht gerade gar nicht den Kopf frei hat, um schnell deutsch zu lernen. Die Helfer lernen dabei, dass sie manche Dinge einfach